Stammheim- Baader- Meinhof vor Gericht

Kinostart: 30.01.86
1985
Filmplakat: Stammheim- Baader- Meinhof vor Gericht

Kurzbeschreibung

Dokumentarspielfilm: komprimierte Darstellung der szenisch verdichteten, wichtigsten Phasen des Baader-Meinhof-Prozesses in Stuttgart Stammheim.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama
Regie:Reinhard Hauff
Darsteller:Ulrich Tukur; Therese Affolter; Hans Kremer; Ulrich Pleitgen
Drehbuch:Stefan Aust
Kamera:Frank Brühne
Schnitt:Heidi Handorf
Musik:Marcel Wengler
Länge:107 Minuten
Kinostart:30.01.1986
Verleih:Futura Film
Produktion: Bioskop Film GmbH & Co. Produktionsteam KG, München, Thaila Theater, Hamburg;
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Diese Prädikatisierung ist kein politisches, sondern ein filmisches Urteil, das einem um Dokumentation bemühten Film keine Tendenz zu unterstellen hat.
Der Ausschuss musste davon ausgehen, dass dieser Film das gewiss politische, noch immer aktuelle Thema "Stammheim" zum Gegenstand hat und bei der "filmischen Realisierung" auf Grund des Anspruchs, "den er nach Stoff und Gattung erhebt" (§ 6 Abs. 2 VA-FBW), die Auseinandersetzung über diese Thematik erneut beleben will. Gerade dies entspricht der politischen Situation in der Bundesrepublik, in der bis heute der Prozess, der 1975/76 in Stammheim stattfand, sowohl von der einen wie von der anderen Seite für die eine oder die andere politische Deutung in Anspruch genommen wird. Als etwas, das man besser totschwiege, ist "Stammheim" jedenfalls bis heute weder von den staatlichen Organen noch von den gesellschaftlichen Gruppen oder von ihren Gegnern interpretiert worden.
Berücksichtigt man die lange Dauer des Prozesses und seinen - nach dem Urteil aller Betroffenen, Beteiligten und Interessierten - überaus schwierigen Verlauf, so erscheint es als eine besondere Leistung des Films, mit welcher gestalterischen Ökonomie und Präzision die entscheidenden Ausschnitte und Abschnitte der Verhandlungen ausgewählt und zueinander in Beziehung gesetzt werden - selbst wenn in anderen Median hierfür schon weitreichende Vorarbeiten geleistet worden sind. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die szenische Gestaltung der Dialoge, dass die atmosphärische Dichte der Szenerie, dass vor allem die Führung der Schauspieler (vor allem auch in ihrer Diktion und Argumentation) zu einer intensiven Vergegenwärtigung jener Auseinandersetzungen und Aussagen führt, die damals wie heute zu Kontroversen und Konflikten führten.
Zwar bleibt bedenklich, dass der soziale und ideologische Kontext für die Situation und die Argumentation der Baader-Meinhof-Gruppe wesentlich genauer dargestellt wird, als bei den anderen Prozess-Beteiligten (zB. Im Hinblick auf den Realitätsverlust), so dass diese in ihren Verhaltensweisen und Äußerungen bei weitem nicht so nachvollziehbar und einsichtig erscheinen, wie jene. Dieses Manko war jedoch auch schon während des tatsächlichen Prozesses ni der gesamten Berichterstattung vorhanden und erscheint zudem gerechtfertigt, weil es bei ihnen weniger um persönliche Motive und Erfahrungen geht, vielmehr um die in der Verfassung und den Gesetzen hinreichend verdeutlichten Normen und Werte.

Gerd Albrecht, Claudia Schröder, Gert W. Settje, Hermann Gerber, Dietrich Kuhlbrodt