Filmplakat: Oink

FBW-Pressetext

Der niederländische Animationsfilm erzählt von dem kleinen Schweinchen Oink, dass eine Familie ganz schön durcheinander wirbelt. Ein herrlich unverkrampft erzähltes und mit großer Detailliebe gestaltetes Stop-Motion-Abenteuer für die ganze Familie.

Babs ist neun Jahre alt und wünscht sich zu ihrem Geburtstag nichts sehnlicher als einen Hund. Leider ist ihr Vater allergisch, und so wird nichts aus diesem Wunsch. Als Babs‘ Großvater, den die Familie seit Jahren nicht gesehen hat, vor der Tür steht, schenkt dieser ihr ein kleines Ferkel. Babs ist überglücklich mit „Oink“, auch wenn ihre Mutter nicht allzu begeistert von dem eher weniger stubenreinen neuen Mitbewohner ist. Egal, dann muss Oink eben lernen, ein braves Schweinchen zu werden. Unterstützt wird Babs von ihrem Opa. Doch nach und nach kommt Babs der Verdacht, dass Opa vielleicht ganz andere Pläne mit Oink hat…

Der niederländische Puppentrickfilm begeistert die Zuschauenden schon allein mit seiner Machart. Die Figuren, das Set-Design, die Landschaften und überhaupt das ganze OINK-Universum – alles ist mit so viel Liebe zum noch so kleinsten Detail in Szene gesetzt, dass sich Alt und Jung in dieser alles andere als sterilen Welt zuhause fühlen. Dazu lässt die technische Perfektion der Stop-Motion-Animation den Film für alle Fans von Aardman-Produktion wie WALLACE UND GROMIT zum Pflichtprogramm werden. Unter den zahlreichen liebenswerten Charakteren bieten sich vor allem Babs und ihr bester Freund für die ganz junge Zielgruppe als Identifikationsfiguren an. Doch auch die anderen Figuren sind sehr lebensecht geschrieben und weisen auch mal Ecken und Kanten auf, die sich gegen glattgebügelte Stereotypen stellen. Gerade die Figur des Opas erhält Brüche und bleibt bis zum überraschenden Schluss-Wendepunkt ambivalent. Das Thema Natur- und Tierschutz erhält genügend Raum, wird aber nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger vermittelt, sondern kindgerecht natürlich und unverkrampft. Die Musik ist passend gewählt und untermalt die Szenen, die auch mal chaotisch und schnell, aber nie hektisch und zu actionlastig gefilmt sind. So erhalten gerade Kinder genügend Raum, um das Gesehene in Ruhe zu verarbeiten. Mit OINK gelingt den Macher:innen rund um die Regisseurin Mascha Halberstad ein bezaubernd vielschichtiger und herrlich unterhaltsamer Animationsfilm für die ganze Familie.

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Stop-Motion; Familienfilm
Regie:Max Mustermann
Drehbuch:Fiona van Heemstra
Kamera:Peter Mansfelt
Schnitt:Mascha Halberstad
Musik:Rutger Reinders
Webseite:kinostar.com;
Jugend Filmjury:Lesen Sie auch, was die Jugend Filmjury zu diesem Film sagt...
Weblinks:kinofans.com;
Länge:73 Minuten
Kinostart:04.05.2023
Verleih:Kinostar
Produktion: Viking Film
FSK:6

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Vom sehr flüssig erzählten Stop-Motion-Animationsfilm OINK der Regisseurin Mascha Halberstad war die Jury begeistert, allem voran von seiner psychologischen Vielschichtigkeit, den intelligenten und überraschenden Volten und einem fantastischen Animationsstil.

Vorangetrieben wird die Handlung durch die plötzliche Rückkehr des Großvaters nach 25 Jahren. Durch dieses Erzählmoment wird auch die Psychologie der Mutter – deren Vater also in jungen Jahren abgehauen war – gut erklärt: antrainierte Dominanz und Prinzipientreue, um Sicherheit zu gewinnen sowie ideologischer Veganismus, weil der Vater Metzger war.
Erzählt wird primär aus der Perspektive der Enkelin Babs, die sich einen Hund wünscht, aber vom aus den USA als Westerntyp hereingeschneiten Großvater ein Ferkel geschenkt bekommt – scheinbar aus Rücksichtnahme auf die Hundehaarallergie des sanften Vaters. Überhaupt ergibt das gesamte Familienpersonal eine spannende, witzige Familienaufstellung. Und mit allen weiteren Figuren ergibt sich eine lobenswert moderne, vielgesichtige Gesellschaft – inklusive selbstverständlich vorkommenden People of Color (PoC) und Menschen mit Migrationshintergrund.

Ein gewagter, vortrefflicher Trick des Films besteht darin, die Zuschauenden mehrfach durch Brechungen gewohnter Dramaturgie zu überraschen. So erwartet man vom Opa permanent Läuterung und Wiedergutmachung, was er auch einzulösen scheint, um dann mit mehreren Volten zu konfrontieren. Zwei der großen Themen des Films sind Vertrauen und Glaubwürdigkeit, wobei hier das klassische Gut-Böse-Schema zwar letztlich beibehalten, aber über weite Strecken erfrischend verwirrt wird, so dass keine langweilende Vorhersehbarkeit aufkommt.

Bei alledem hat der Film überbordenden Witz und Einfallsreichtum, ohne je ins Hektische zu verfallen, sowie genaue Figurenzeichnungen auch bei den Nebenfiguren – bis hin zur originellen und genau beobachteten Typologie von Hundehalter:innen oder der sensiblen Zeichnung von Kinderfreundschaften, so dass sich große Vielschichtigkeit ergibt. Wunderbare Detailliebe ist ebenfalls eine Stärke von OINK, der ein fantastisches Kleinstadtsetting entstehen lässt, glaubwürdig bis in die Backsteinarchitektur und Stockrosen in Vorgärten sowie dem aufgegriffenen heutigem Einsatz von Computer und Social-Media.

Dabei fiel der Jury besonders die wunderbare optische Haptik der Animation auf – bis hin zur Textilität von Kleidung. Angelehnt an die Ästhetik der Aardman Studios, gelingt OINK aber vielleicht sogar eine noch größere Wärme als in Filmen wie WALLACE UND GROMIT oder SHAUN DAS SCHAF.

Da sich die Handlung um das titelgebende Schweinchen dreht, steht die Frage nach Haustier oder Nutztier, bzw. Fleischkonsum oder Veganismus im Raum, die hier klug verhandelt wird, auch mit originellen zeitlichen Rückverweisen anhand eines traditionellen Metzgerwettbewerbs. Witzig erschien der Jury dabei, dass mit dem wahrscheinlichen Sieg der Veggie-Wurst auf dem angedeuteten 101. Würstchenverkostungs-Wettbewerb der Siegeszug einer neuen Ernährung eingeleitet scheint. Dann aber hält der Film noch eine letzte Schlusspointe bereit, die hier natürlich noch nicht verraten werden soll.

Kinder werden von diesem Film gut unterhalten und angeregt, sich zu verschiedenen Themen zu positionieren, ohne verwirrt zu werden, und Erwachsene erhalten ebenfalls viel anregenden Reflexions- sowie Gesprächsstoff mit ihren Kindern.

Das war der Jury ein einstimmiges Votum für das Prädikat BESONDERS WERTVOLL wert.