Filmplakat: Lake Baikal

FBW-Pressetext

Der Baikalsee ist der älteste und süßwasserreichste See der Erde. Er liegt im asiatischen Teil Russlands, genauer gesagt, zwischen den Republiken Irkutsk und Burjatien. Die Sprache, die dort von den indigenen Burjati Mongolen gesprochen wird, gilt als weitestgehend ausgestorben. Doch die kanadisch-mongolische Filmemacherin Alisi Telengut, die an der Filmuniversität Babelsberg wissenschaftliche Forschungen betreibt, lässt für ihren Kurzanimationsfilm die burjatisch-stämmige Frau Marina Dorzhieva die Worte sprechen, an die sie sich noch aus ihrer Kindheit erinnert. Dazu animiert Telengut passende Bilder, die genau der Stimmung entsprechen, die die Worte erzeugen. Fast tranceartig können Zuschauende und Zuhörende in die Welt eintauchen, die Bild und Ton hier erschaffen. Dabei sind die Begriffe in ihrer Einfachheit gleichzeitig hochkomplex, wenn sie etwa mehrdeutig übersetzbar sind. Für die visuelle Umsetzung der Sprachwelten hat sich Telengut verschiedener ursprünglicher Materialien bedient, die so auch in der Umgebung des Baikalsees vorkommen. Moose, Steine, Erde, Wasser. Mit ihnen stellt sie die Umrisse des Sees nach, erfasst die Flora und Fauna, die sich um den See ansiedeln. LAKE BAIKAL ist eine fast körperlich erfahrbare Reise in die Genese eines der größten Naturwunder unseres Planeten. Und ein Denkmal für eine indigene Sprache, die fast verschwunden ist. Und von einem wichtigen kulturellen Beitrag wie diesem Film gerettet werden kann.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Alisi Telengut
Drehbuch:Alisi Telengut
Kamera:Alisi Telengut
Schnitt:Alisi Telengut
Musik:Spiridon Shishigin
Webseite:alisitelengut.com;
Länge:8 Minuten
Produktion: Fabian&Fred GmbH Fabian Driehorst
Förderer:Filmuniversität Babelsberg; Canada Council of the Arts; Rudolf Augstein Stiftung

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Einen wahren künstlerischen Leckerbissen erwartet Kurzfilmfans bei LAKE BAIKAL: In nur acht Minuten gelingt es der Regisseurin Alisa Telengut, ein eigenständiges und vielschichtiges Kino-Kunstwerk zu erschaffen und damit wichtige Konservierungsarbeit zu leisten.

Auf der Bildebene gibt es viel zu entdecken: In Stop-Trick-Technik werden verschiedene Materialen – Farbe, Steine, Flechten – gemischt und zu einer von fließenden Übergängen geprägten Bilderwelle komponiert. Langsam entfalten sich Gegenstände, Tiere, geologische Formationen, ohne jedoch komplett enträtselt werden zu wollen. Eher stellt sich ein Gefühl ein, dass man Zeuge wird einer Entstehung, einer Genesis.

Dem entgegengesetzt ist das Motiv des Verschwindens auf der Tonebene. In Zeitversetzung spricht eine Person einzelne Worte in einer wundervoll fremden Sprache, Worte in einer fast vergessenen Sprache. Die Langsamkeit zwingt die Zuschauer:in, sich darauf einzulassen. Die Sprache ist kein Hilfsmittel, sondern fügt sich in das Ganze ein. Auch die fast märchenhafte Musik entfaltet ihre Wirkung in der Zurückgenommenheit. Subkutan, ohne zu belehren, wird man Zeug:in des Entstehens und Verschwindens.

Ein überwältigendes Gefühl von Melancholie und Verlust stellt sich ein, aber auch Bewunderung und Respekt für die Sprache und Landschaft, die untrennbar mit dem ältesten und süßwasserreichsten See der Welt verknüpft sind. LAKE BAIKAL dokumentiert diese Welterschaffung durch eine Weltbeschreibung auf Burjatisch-Mongolisch, der sterbenden, indigenen Sprache der Region.