Erst die Arbeit, dann das Spiel

Filmplakat: Erst die Arbeit, dann das Spiel

FBW-Pressetext

Im Gefecht mit dem inneren Schweinehund wurden gar schon Schlachten geschlagen, die ihresgleichen suchen. Ganz nach dem Motto: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe gleich auf morgen“ spricht dieser ungewöhnliche und facettenreiche Kurzfilm von Brenda Lien jedem, der sich einmal dem Prokastinieren hingegeben hat, aus der Seele. Gepaart mit einer künstlerischen Schaffenskrise wird sogleich ein giftiger Cocktail daraus, der laut, bunt und auf jeden Fall viral ist. Katzen-Content? Gefällt mir! Wo lässt sich denn sonst mehr Zeit verbraten als in den sozialen Netzwerken? Quadratisch, praktisch, gut – so wie die nächste Found-Footage-Montage aus Self-Care-Produkten. Ist gekauft! Ablenkung ist menschlich und führt zu nichts. Das jedenfalls will einem immer jeder einreden. Dass dabei ein Feuerwerk der Kreativität entstehen kann, zeigt ERST DIE ARBEIT, DANN DAS SPIEL aber schließlich auf vergnüglich eindrucksvolle Weise. Vor allem Annelle Olaleye brilliert als Darstellerin des Inneren Kindes, das der blockierten Künstlerin ins Gewissen redet, indem sie auch mal harte Saiten aufzieht, aber schlussendlich zur versöhnlichen Muse wird. Ein Kurzfilm wie ein Exzess: Experimentell, glamourös, einzigartig.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Spielfilm; Kurzfilm
Regie:Brenda Lien
Darsteller:Anthonette Olaleye; Annelle Olaleye; Lona Culmer-Schellbach
Drehbuch:Brenda Lien
Kamera:Dubravka Kurobasa
Schnitt:Brenda Lien
Musik:Brenda Lien
Länge:20 Minuten
Verleih:Kurzfilm Agentur Hamburg
Produktion: Brenda Lien
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Brenda Lien erzählt in ihrem Film von ihren eigenen Erfahrungen als junge Künstlerin, die unter einem enormen Leistungsdruck steht. Dafür gibt es nicht nur ökonomische, sondern auch psychische Gründe. Ihre Protagonistin Maxi ist eine junge Musikproduzentin, die selbstständig arbeitet, diese vermeintliche Freiheit als einen immensen Druck erfährt, unter dem ihre Selbstzweifel immer mehr wachsen, sodass sie sich zunehmend auf einen Burnout hin bewegt.

Das für die Jury beeindruckende an dem 20 Minuten langen Experimentalfilm ist die Zugänglichkeit trotz aller stilistischer Radikalität. Brenda Lien nutzt dabei verschiedene Stilmittel. Sie arbeitet mit found footage aus Sozialen Medien wie zum Beispiel Katzenvideos, mit der Bilderflut des Internet, aber auch mit Darsteller:innen, die in Spielszenen deutlich machen, wie manisch die junge Frau auf den inneren und äußeren Druck reagiert. Überzeugend ist dabei die spielerische Freiheit, mit der Brenda Lien die Erfahrungswelt ihrer Protagonistin gestaltet. So gibt es Szenen, in denen eine jüngere Version von Maxi, - ihr inneres Kind - sie antreibt. Später wird eine ältere Frau, also eine Mutterfigur, zu einer Dämonin für sie. Der Film wirkt wie eine Explosion in rosa und hellblau, also Farben, die gemeinhin als kleinkindlich gelten. Brenda Lien bedient sich so maßlos aus dieser Palette, dass die Übertreibung im besten Sinne parodistisch wirkt. Auch sonst ist ihr Film, dessen Genre sie als 'Experimental Fiction' angibt, trotz des ernsten Themas erstaunlich humorvoll und unterhaltsam. Vor allem aber zeigt Brenda Lien, dass sie eine ganz eigene künstlerische Handschrift entwickelt hat. Mit einer Ästhetik und einem audiovisuellen Instrumentarium, das absolut zeitgenössisch ist, gelingt es ihr, die Gefühlswelt einer jungen Frau darzustellen, die zugleich das Produkt und eine Produzentin dieser schönen neuen Welt ist.