Weißbier im Blut

Filmplakat: Weißbier im Blut

FBW-Pressetext

Böser Humor trifft auf bayerische Originale – eine Mordsgaudi aus der Provinz.

Der bayerische Kommissar Kreuzeder mag seine Stammkneipe und ab und an eine ordentliche Maß Bier. Menschen mag er nicht besonders. Doch als ein Mord geschieht, ist es mit seinem gemütlich Leben vorbei. Dank seines kernigen Hauptdarstellers und einer stimmigen Krimigeschichte ist dieser deftige Provinkrimi ein großes Vergnügen.

Die bayerische Kriminalkomödie in der Regie von Jörg Graser (der hier seinen eigenen Roman verfilmt) erzählt auf deftig-lakonische Weise von einem Stur- und Charakterkopf, den Sigi Zimmerschied in der Rolle des Kommissars in der Alterssinnkrise aufs Vorzüglichste verkörpert. Zwar erscheint er nicht auf den ersten Blick als Sympathieträger, doch nach und nach kann man nicht anders, als ihn ins Herz zu schließen und ihm in seinem Wunsch zu folgen, dass er doch einfach nur seine liebe Ruhe haben möchte. Auch das übrige Figurenpersonal in der kleinen Gemeinde in der Nähe von Passau überzeugt durch liebenswert-schrullige Eigenarten, die Charaktere durchleben authentische Konflikte, auch Setting und Milieu wirken lebensnah. Die Dialoge sind reduziert und auf den Punkt, und auch wenn der Film sich im klassischen Genre des Krimis bewegt, so gelingt es dem Film doch immer wieder, eben genau dieses Genre gegen den Strich zu bürsten. Dies findet sich auch im Einsatz der Musik wieder, die mit traditionellen Instrumenten immer wieder zwischen Volksmusik und einer Art bayerischem Blues wandelt.

Filminfos

Gattung:Komödie; Spielfilm; Kriminalfilm
Regie:Jörg Graser
Darsteller:Sigi Zimmerschied; Luise Kinseher; Brigitte Hobmeier; Johannes Herrschmann; Max Schmidt; Xari Wimbauer; Silja Bächli; Katja Bürkle; Ferdinand Dörfler; Sofia Florence; u.a.
Drehbuch:Jörg Graser
Kamera:Michael Wiesweg
Schnitt:Kai Schroeter
Musik:Stofferl Well
Länge:96 Minuten
Kinostart:12.05.2021
Verleih:Tobis
Produktion: Perathon Film und Fernseh GmbH, Tobis Film; ARRI Media; IFP; Glory Film;
FSK:12
Förderer:FFA; FFF Bayern; DFFF; Bayerischer Bankenfond

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Nur oberflächlich orientiert an den aktuell populären Heimatkrimis aus Bayern, dreht die eigene Literaturadaption von Jörg Graser die Schraube eine Stufe weiter und erschafft ein schonungsloses und satirisches Bild, wie man es eher aus dem österreichischen Kino (die Brenner-Filme nach Wolf Haas etwa) kennt: Gesellschaftskritik in Form eines gegen den Strich gebürsteten Kriminalfilms.
Kreuzeder (Sigi Zimmerschied) war einst ein erfolgreicher Kommissar, inzwischen klärt er kaum noch einen Fall auf. Ihn beschäftigt stattdessen die Frage nach Schuld und Vergebung. Nach über 20 Jahren im Dienst will er möglichst schnell in Pension gehen und den Alltag im Morddezernat Niederbayern hinter sich lassen. Resigniert betrinkt er sich im Wirtshaus und flirtet dort spröde mit der Kellnerin Gerda Bichler (Luise Kinseher), anstatt seiner Arbeit nachzugehen. Als am abgelegenen und – wie sich herausstellt – hoch verschuldeten Bauernhof der Holzners (Max Schmidt und Eva Sixt) eine kaum zu identifizierende Leiche im Mähdrescher entdeckt wird, übernimmt Kreuzeder die Ermittlungen zunächst nur widerwillig. Während zwei weitere Tote auftauchen, soll Kreuzeder sich bei der Polizeipsychologin Frau Dr. März (Brigitte Hobmeier) analysieren lassen. In emotionalen Beziehungen verstrickt, gelingt es Kreuzeder eher beiläufig, den Fall zu klären. Doch hier liegt nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang.
Mit den Mitteln des satirischen Heimatfilms geht der Film WEIßBIER IM BLUT der philosophischen Frage nach Gerechtigkeit nach, die in beispielhaften Szenen und lakonischen Dialogen diskutiert wird. Die Inszenierung baut ganz auf interessante Antihelden und die Umkehr der Rollenerwartungen in einer an sich vertrauten Welt. Auf selten souveräne Weise treibt Graser sein Spiel mit gesellschaftlichen und Geschlechter-Klischees, welches durch die überzeugende Besetzung getragen wird. Die Bildwelt ergänzt diese durch die konsequent schmutzige Stilisierung einer harschen ländlichen Umgebung.
Nur äußerlich dem Genre des Kriminalfilms und dem Heimatfilm verpflichtet, variiert WEIßBIER IM BLUT gängige Klischees der bayrischen Kultur und gewinnt daraus eine treffende Metapher für menschliche Fehlbarkeit und die Kraft der Vergebung. Die Jury war sich einig, das Prädikat besonders wertvoll zu vergeben.