The Fog of War

Kinostart: 30.09.04
2003
Filmplakat: The Fog of War

FBW-Pressetext

Mit umfangreichem Bildmaterial unterlegte Selbstauskünfte des 87-jährigen McNamaras, der seine eigene, beispiellose Karriere als Industrie- und Politmanager kommentiert. Wichtiges Zeitdokument, das nach Vertiefung verlangt.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Errol Morris
Drehbuch:Errol Morris
Länge:106 Minuten
Kinostart:30.09.2004
Verleih:Movienet
Produktion: Radical Media / Senart Filmproduction, Globe Department Store;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Robert McNamara war im Laufe seiner langen Karriere vieles: Harvard-Professor, Offizier im Zweiten Weltkrieg, Ford-Manager, Verteidigungsminister unter Kennedy und Johnson und schließlich Chef der Weltbank. Vor allem aber seine sieben Jahre als Verteidigungsminister von 1960 bis 1967 stehen im Mittelpunkt des Films von Erroll Morris. Zwanzig Stunden lang interviewte er den inzwischen weit über achtzigjährigen McNamara und befragte ihn zu einem großen Thema: Krieg. Denn schon der junge McNamara, Jahrgang 1916, spielte im Zweiten Weltkrieg keine unwesentliche Rolle bei der Bombardierung japanischer Städte, wobei Hunderttausende von Zivilisten den Tod fanden.

In die Ära seiner Zeit als Verteidigungsminister fielen die Kuba-Krise, bei der die Welt am Abgrund eines Atomkrieg stand, und der Vietnamkrieg, der noch heute ein amerikanisches Trauma bedeutet. McNamara galt als ein perfekter Manager in seiner Zeit bei Ford und als solcher tritt er in dem Interview auch auf – vor allem als perfekter Manager des Krieges, der elf Thesen oder besser Lehrsätze aufgestellt hat, die sich mit der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Ideologien befassen.

Knapp 100 Minuten dauert das Interview mit McNamara, der sich in dem Gespräch als souveräner Gesprächspartner erweist, den außer der Erinnerung an den Tod Kennedys wenig zu erschüttern scheint und der sich sehr geschickt immer wieder aus der Affäre zieht, wenn es um die Frage nach der Verantwortung für den Vietnamkrieg geht. So entsteht ein sehr ambivalentes „Teil-Porträt“ des Mannes, der noch heute in den USA den Ruf eines bedeutenden Politikers und Staatsmannes besitzt. Der Interviewer vermag nicht, dieses Image zu erschüttern oder wirklich in Frage zu stellen, da der Befragte offenbar nur die Fragen zuläßt, die er sich selbst stellt. Nur am Ende, in einem kurzen Epilog, sehen wir McNamara als einen alten Mann, dessen Selbstsicherheit nur ein Schutzschild gewesen zu sein scheint, hinter dem sich doch so etwas wie ein Gewissen und Verunsicherung verbergen. Das Resümee des Interviews – und das macht die Dokumentation sehr aktuell – ist, daß sich die menschliche Natur nie ändern und deshalb auch der Krieg immer Teil der menschlichen Geschichte bleiben wird.

Leider bleibt vieles an dieser Konfrontation mit dem Zeitzeugen und Drahtzieher McNamara unbefriedigend und oberflächlich und überläßt dem Inteviewten zu viel Gelegenheit zur Selbstinszenierung. Auch die Musik von Phillip Glass, die fast ständig unter oder über der Szene liegt, wurde vom Bewertungsausschuß als störend empfunden – weniger wäre mehr gewesen, da viele der eingeblendeten Bilder von den Kriegsschauplätzen der Welt seit 1918 ihre eigene starke Sprache sprechen, die der emotionalen Verstärkung durch Musik nicht bedarf.