Schön war die Zeit

Kurzbeschreibung

Nach dem Zusammenbruch (1945) entsteht im Allgäu ein neues Kino, findet ein entnazifizierter Ufa-Regisseur im Heimatfilm eine neue Betätigung und muss ein engagierter Kameramann lerne, sich erneut anzupassen.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Komödie; Spielfilm; Satire
Regie:Klaus Gietinger; Leo Hiemer
Darsteller:Gottfried John; Edgar Selge; Ewa Blaszczyk
Drehbuch:Klaus Gietinger
Kamera:Marian Czura
Schnitt:Ilona Bruver
Musik:Klaus Roggors
Länge:115 Minuten
Verleih:Filmverlag der Autoren
Produktion:
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Die Idee, ein Provinzkino im Allgäu als Ausgangsadresse für filmische Exkursionen in die Zeitstimmungen der Jahre 1945 bis 1962 zu wählen, hat ihren eigenen Reiz. Damit wird von vornherein die Perspektive gesetzt, die es erlaubt, stilisierend bis ins "Tragik-Komische" zu gehen, wo ein dokumentarästhetischer Purismus schnell zu abwegiger Quellenkritik, möglicherweise auch zu dogmatischen Fragen nach zeitgeschichtlicher Glaubwürdigkeit und "Richtigkeit" führen könnte. So finden sich zeitgenössische Filmsequenzen der 40er und 50er Jahre in einer Kompilation mit dem stilisierend erzählenden Spielfilm wieder, die rechthaberische Bedeutungszuweisungen vermeidet. Um so mehr Platz gewinnt der überlegt eingerichtete Bühnenraum, in dem sich die Zeichensprache der kleinen Gestenentfalten kann: Ob der Filmvorführer und das Charakter-Panorama der Besatzungszeit, ob die symbolgeladene Nachkriegskarriere des schnellentnazifizierten Ufa-Regisseurs und des im Krieg nachdenklich gewordenen Kameramannes oder die Figurenkonstellationen im "neuen" politischen Gemeindeleben wie im Wirtshausmilieu, sie alle leben von einer wechselseitig herausfordernden Gegenläufigkeit, die für sich (und sie) einnimmt.

Alltagsgeschichte unter vielfach miteinander verknüpften Lebensläufen sieht sich hier mit der Kino-Film-Geschichte bis zum Herausdämmern der Fernsehzeit in einer erzählerischen Weise synchronisiert, deren liebevoll-respektfreie Handschrift die narrative Fantasie der heutigen "Mittdreißiger" wohltuend auszeichnet. Die Nachkriegslebensläufe der Filmemacher und das Allgäuer Kino mit seinem eigenen Erzählensemble gehen so ineinander auf, dass eine verblüffende Art von herzhaft-ironischer "Klimakunde" über das westliche Deutschland vom Ende des Dritten Reiches bis in die beginnenden 60er Jahre möglich wird.

Dass die "Westallgäuer Filmproduktion" mit diesem Film wohlfundiert weiter in die Konkurrenzfelder professioneller Eigenwilligkeit verstößt, zeigt sich in der kooperativen Regiekunst von Klaus Gietinger und Leo Hiemer, nicht minder aber in der einfallsreichen Kamera, der Schauspielerführung, dem Ton, der Architektur und Einrichtung, dem Schnitt. In vielen Szenen gut gelungen ist das Zusammenspiel zwischen Laiendarstellern und den professionellen Schauspielern, deren sprachliche Verwurzelung vornehmlich im Süddeutsch-Österreichischen der dialogischen Dichte und Geschlossenheit spürbar zugutekommt. Wenn ein höheres Prädikat diesem allen zum Trotz nicht erreichbar war, so erklärt sich dies vor allem durch einigen Widerspruch zwischen dem ehrgeizigen hohen Selbstanspruch und der eben doch an viele filmästhetische Grenzen gestoßenen Realisierung.