Punch Drunk

Kurzbeschreibung

In verschiedenen Rollen versucht "Herbert" der Welt zu entfliehen, wobei er in einem "wirren" Spiel von Szenen politische und menschliche Probleme der Gegenwart reflektiert.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Zur Begründung wurde aufgeführt: Die Filme von Herbert Achternbusch, schon immer als Affront gegen die Selbstverständlichkeit von Kultur und Sitte konzipiert und immer als ein solcher Affront auch rezipiert, gerinnen im Fortgang seiner Arbeit zur Manifestation des Aufschreis – ein Schrei ohnmächtiger Wut, ein Schrei menschlicher Verletztheit angesichts der Wirkungslosigkeit, ein Schrei auch der verbitternden Resignation. Noch immer geraten seine wohlüberlegten wie seine spontanen Provokationen zu jenen Widerhaken, denen sich auch der unsensible Zeitgenosse nicht entziehen kann. Doch die poetische Souveränität, die Schönheiten wahrnehmbar werden lässt, und die Menschlichkeit, die Tatsachen, Verhaltensweisen, Urteile dem Lachen und nicht nur der Lächerlichkeit preisgibt – sie scheinen seinem Film verloren zu gehen.

Wie auch sonst bei Achternbusch ist der Zeitbezug seines Films evident. So wird nicht nur die Katastrophe von Tschernobyl „ins Spiel“ gebracht. Im Mittelpunkt steht vor allem jene („postmoderne“) Staats-, Berufs-, Lebens-, und Menschenverdrossenheit, die „ins Nirwana“ führt, zu immer neuen Fluchten und Rückzügen ins Private veranlasst, eine Folge von Verkleidungen (als Flüchtling mit Pappnase, Amerikaner, Negerin) und Lebensweisen (als eine Art tibetanischer Erzbischof, Esel, Staatssekretär) mit sich bringt, eine Kaskade von Lösungsversuchen (im doppelten Wortsinn) inauguriert- mit siebzehn Ehefrauen im Privaten und durch Flucht über Flucht und schließlich Selbstmord im Beruflichen. Der Mensch auf der Flucht in einer Situation, da weder Kirchen noch Wohnungen, weder Alkohol noch Frauen, weder die Stadt noch die Natur Fluchtburgen sein können- das ist die Konstante, die sich bei allen Turbolenzen, die sich dem „Herbert“ des Films entgegenstellen, und bei allen Schienbeintritten, die Achternbusch als Regisseur austeilt, durch den Film zieht.

Es wäre dies kein Film von Herbert Achternbusch, wenn er nicht einem immer noch sinnenfrohen Spiel der Gebärden und Gesten, der Körper und Worte sich verwirklichte. Doch ist auch hier zu bemerken, dass viele Szenen zwar an Drastik, nicht aber an Aussagekraft gewinnen, dass viele Gestaltungsmomente, auf die in früheren Filmen Wert gelegt wurde, nun gleichsam unkontrolliert – wie sich an Bildunschärfen, Asynchronisation, zufälligen Anschlüssen zeigt- in den Film eingehen. Zwar konnte der Ausschuss dies alles im Blick auf die Wildheit, mit der dieser Film attackiert, zu seinem Anspruch und seiner Thematik in Beziehung setzen, Doch erscheint ihm offenkundig, dass hier Wandlungen vorliegen, die das Verhältnis von Stoff und Form (wenn man denn diese muss) auseinanderbrechen lassen könnten.