Inland Empire

Kinostart: 26.04.07
2006
Filmplakat: Inland Empire

FBW-Pressetext

Bei diesem Mammutwerk gibt es nur Schwarz oder Weiß, heftige Ablehnung, oder man liebt diesen waghalsigen, multiplen, verrückten Film. Dann lässt er einen Tage nicht mehr los, und man versucht immer wieder, die Ebenen und Deutungen zu sortieren. Ein hypnotisches Puzzle von Gegenwart und Zukunft, Realität und Traum, Film und Wahrheit. Tiefgründig, hintergründig, verschlüsselt, provokant, makaber und undurchsichtig. Eine Herausforderung für die Sinne.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Arthouse
Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:David Lynch
Darsteller:Jeremy Irons; Laura Dern; Justin Theroux
Drehbuch:David Lynch
Länge:180 Minuten
Kinostart:26.04.2007
Verleih:Concorde
Produktion: Studio Canal, Studio Canal; Fundacja Kultury; Camerimage Festival;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

n einem enttäuscht David Lynch seine Anhänger - oder nennen wir sie seine Kultgemeinde - nicht: Der Meister der Mystifikationen und surrealen Arrangements wird seinem Ruf gerecht. „Inland Empire“, eine fast dreistündige "Tour de force", erweist sich als schillernder, facettenreicher Psycho-Trip, ein vielschichtiges Puzzle aus filmischen Mythen und Traumata.

David Lynch reproduziert hier einmal mehr seine Affinitäten zum Horrorfilm- und Vampirfilm-Genre, natürlich zum klassischen Avantgardefilm (Maya Deren, Richter und andere), assoziiert das surreale und absurde Theater, aber auch (und das ist wahrlich neu und überraschend) seine Entdeckungen im polnischen Kino des Wojciech Has (etwa seine Filme "Handschrift von Saragossa" oder "Sanatorium zur Todesanzeige").

Ein Mälstrom der Motive und ein mehrfaches Wechseln der Erzählperspektiven, ein Brechen der Stile durchzieht den Film, ständig ist der Boden schwankend. Kurzum ein psychoanalytisches Vexierspiel, das sich sein eigenes Universum schafft - unter konsequenter Missachtung traditioneller Logik, immer im Widerstreit mit dem konventionellen Erzählkanon. "Mein Hirn spielt verrückt", lässt Lynch es einmal seine Heldin Nikki Grace leitmotivisch formulieren.

„Inland Empire“ gleicht so einem magischen Würfel, der nur einem Gesetz zu folgen scheint: Alle Gewissheiten zu verunsichern und zu verzerren. Lynchs Manie ist dabei manches Mal dabei zu angestrengt und adressiert, auf alle Fälle aber auch ein ständiges Kokettieren mit der eigenen Virtuosität.

Dominant in „Inland Empire“ ist David Lynchs Auseinandersetzung mit Hollywood - als Institution und als Kino-Mythos. Man denkt durchaus an Brechts berühmtes "Hollywood"-Gedicht:

"Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen
Gehe ich auf den Markt, wo Lügen gekauft werden.
Hoffnungsvoll
Reihe ich mich ein zwischen die Verkäufer."

Lynch beschwört Hollywood als einen Ort der Zombies, der lebenden Leichname. Er lässt seine Visionen auf dem "Walk of Fame" kulminieren, in einem Danse macabre. Eine Sequenz voller Angst, Müll und Tod. Das Ego des Regisseurs wird hier zu einer Mixtur von Selbstzweifel und Selbsthass.

Für die Analyse der künstlerischen Welten eines David Lynch ist „Inland Empire“ sicherlich ein Muss. Das Maßlose als Erkennungszeichen, das Irritierende als Banner.