Die Flucht ins Ungewisse

1988

Kurzbeschreibung

Ein in den 60er Jahren politische aktives Ehepaar, das wegen eines Sprengstoffanschlagses vom FBI verfolgt wird, befindet sich seit 15 Jahren auf der Flucht. Ihr ältester Sohn versucht, eigene Wege zu gehen.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Spielfilm
Regie:Sidney Lumet
Darsteller:Christine Lahti; River Phoenix; Judd Hirsch; Martha Plimpton
Drehbuch:Naomi Foner
Kamera:Gerry Fisher
Schnitt:Andrew Mondshein
Musik:Tony Mottola
Länge:120 Minuten
Produktion:
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Bei der Diskussion dieses Films haben die Ausschussmitglieder ihre Aufmerksamkeit besonders darauf gerichtet, dass hier ein problematischer Nachlass aus den Jahren des Vietnam-Krieges auf "privater" Ebene abgehandelt wird, die offenlassen muss, wieweit sie mit einer allgemeineren Bewusstseinsveränderung in den Staaten selbst zu tun hat. Dieser grundlegende Aspekt drängt sich um so mehr auf, als der Film in herausragender Dichte und Glaubwürdigkeit dem kollektiven Psychodrama einer Kleinfamilie nachgeht, die für die Eltern als nachdenklich gewordene "ehemalige Terroristen" zu dem Raum wird, in dem sie sich - immer wieder von neuem auf der Flucht - einrichten möchten.

In den Dialogen artikuliert sich eine Behutsamkeit, die vor jedem großen Einsatz halt macht und sich auf die eigene erzählerische Kraft der jeweiligen Situation, des erzählerischen Augenblicks verlässt. Im Grunde werden hier viel eher "europäische" als von Amerika herkömmlicherweise erwartete Verständnisse von Zusammenhalt und Kulturanspruch inszeniert - allerdings bis hin zu Elementen des Sentimentalen, die in den Augen einer Minderheit des Ausschusses nicht als überzeugend gelten können, schon gar nicht angesichts der hier aufgegriffenen politischen Problematik. Einig war sich der Ausschuss in der Ansicht, dass gerade in dieser Beschränkung die eigentliche Größe des Films zu sehen ist, weil auf einem solchen Weg die angestrebte Problemvermittlung angemessener möglich wird.

Dieses Grundsätzliche aber bliebe schnell im Verbalen befangen, wenn es nicht durch eine herausragende schauspielerische Kunst, durch eine so nur selten realisierte Darstellungsführung umgesetzt würde; die Personenentwicklungen, sowohl in den verschiedenen Individuen wie im Zusammenspiel zwischen den unterschiedlichen Lebensläufen, die aufeinanderstoßen, sind in jeder Szene glaubwürdig. Zu einem sinfonischen Ganzen fügt sich dieser Film nicht zuletzt angesichts einer atmosphärisch treffsicheren Einrichtung, einer brillanten Kamera und einer die Handlung mitbestimmenden Musik, die dem Film einen unverwechselbaren Rhythmus gibt.