Blaue Blumen

Jurybegründung

Im Laufe der Diskussion wurde - auch im Blick auf die Entscheidung des Bewertungsausschusses - ausgeführt: Der Film kann auf keinen Fall als Reise- oder Dokumentarfilm verstanden werden; die Frage nach der sachgemäßen oder angemessenen Darstellung des zeitgenössischen China (geschweige denn nach einer kritisch reflektierenden) ist daher dem Film unangemessen im Sinne des § 6, Abs. 2 VA-FBW.



Die Subjektivität des erlebenden Besuchers, der seine Individualität in dieser Fremdartigkeit einbringt, ist vielmehr für diesen Film konstitutiv. Die auffälligen Unschärfen des Bildes wie die scheinbar mangelhafte Präzision des Ausdrucks sind dementsprechend Manifestationen eines Autorenfilms, bei dem das Changieren der Aufmerksamkeit gegenüber den Einzelheiten im Bewußtseinsstrom des Erlebens und Reflektierens sich niederschlägt. Willkürlichkeit der Gestaltung wird daher jedem Betrachter des Films auffallen; dem einen im Sinne der Beliebigkeit, dem anderen als "minimal art" bzw. als Assoziations- und Beziehungsfülle, die einerseits in der zeitgenössischen Musik, Malerei, Literatur ihren Grund und ihre Parallele hat, andererseits aber auch in jener Volks- und und Urtümlichkeit wurzelt, die in aller Gebrochenheit auch mythische Elemente umfaßt. In dem Nebeneinander von "Blauer Blume" der Romantik (mit dem mehrfach zitierten Novalis), den in "Blaue Blume" verwandelten, vormals politisch diffarmierten "Blauen Ameisen" und den daraus resultierenden Assoziationen findet dies seinen vieldeutigen Ausdruck.



Gewiß ist dies, darin war sich der Hauptausschuß einig, kein Film für ein übliches Publikum. Gewiß verlangt beispielsweise die technische Übertragung von 8mm-Film auf Video und anschließend auf 35mm-Film, daß sich der Betrachter über diesen technischen Vermittlungsprozess hinaus im Ergebnis auf die Tapisserie als antiker, mittelalterlicher und moderner Darstellungsform für signifikante und markante geschichtliche Ereignisse besinnt und versteht. Und gewiß muß auch die Selbstreflexion des Kommentars (wieder in Nachfolge der Romantik und nicht nur von Novalis) als das in Verletzungen, Versehrungen und Zorn sich manifestierende Individualerlebnis des reflektierenden Subjekts erkannt werden, aber auch als Räsonnement, das - in der irreal-realistischen Vorfreude auf die erotischen Begegnung mit einer Chinesin in exakt fünfzehn Jahren - durch den Vorgriff auf eine nicht erkennbare Zukunft dem Leben einen (wenn nicht erweisbaren, so doch erwünschbaren) Sinn abzuringen versucht.



Dennoch, so entschied der Hauptausschuß mit Mehrheit, ist kein "besonders wertvoll" für einen Film gerechtfertigt, der dies alles unklar, so kryptisch und sybellinisch vergegenwärtigt, daß nur "Eingeweihte" und vielleicht Achternbusch-Enthusiasten die Aussagen selbstverständlich verstehen können.

Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Herbert Achternbusch
Länge:72 Minuten

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Im Laufe der Diskussion wurde - auch im Blick auf die Entscheidung des Bewertungsausschusses - ausgeführt: Der Film kann auf keinen Fall als Reise- oder Dokumentarfilm verstanden werden; die Frage nach der sachgemäßen oder angemessenen Darstellung des zeitgenössischen China (geschweige denn nach einer kritisch reflektierenden) ist daher dem Film unangemessen im Sinne des § 6, Abs. 2 VA-FBW.

Die Subjektivität des erlebenden Besuchers, der seine Individualität in dieser Fremdartigkeit einbringt, ist vielmehr für diesen Film konstitutiv. Die auffälligen Unschärfen des Bildes wie die scheinbar mangelhafte Präzision des Ausdrucks sind dementsprechend Manifestationen eines Autorenfilms, bei dem das Changieren der Aufmerksamkeit gegenüber den Einzelheiten im Bewußtseinsstrom des Erlebens und Reflektierens sich niederschlägt. Willkürlichkeit der Gestaltung wird daher jedem Betrachter des Films auffallen; dem einen im Sinne der Beliebigkeit, dem anderen als "minimal art" bzw. als Assoziations- und Beziehungsfülle, die einerseits in der zeitgenössischen Musik, Malerei, Literatur ihren Grund und ihre Parallele hat, andererseits aber auch in jener Volks- und und Urtümlichkeit wurzelt, die in aller Gebrochenheit auch mythische Elemente umfaßt. In dem Nebeneinander von "Blauer Blume" der Romantik (mit dem mehrfach zitierten Novalis), den in "Blaue Blume" verwandelten, vormals politisch diffarmierten "Blauen Ameisen" und den daraus resultierenden Assoziationen findet dies seinen vieldeutigen Ausdruck.

Gewiß ist dies, darin war sich der Hauptausschuß einig, kein Film für ein übliches Publikum. Gewiß verlangt beispielsweise die technische Übertragung von 8mm-Film auf Video und anschließend auf 35mm-Film, daß sich der Betrachter über diesen technischen Vermittlungsprozess hinaus im Ergebnis auf die Tapisserie als antiker, mittelalterlicher und moderner Darstellungsform für signifikante und markante geschichtliche Ereignisse besinnt und versteht. Und gewiß muß auch die Selbstreflexion des Kommentars (wieder in Nachfolge der Romantik und nicht nur von Novalis) als das in Verletzungen, Versehrungen und Zorn sich manifestierende Individualerlebnis des reflektierenden Subjekts erkannt werden, aber auch als Räsonnement, das - in der irreal-realistischen Vorfreude auf die erotischen Begegnung mit einer Chinesin in exakt fünfzehn Jahren - durch den Vorgriff auf eine nicht erkennbare Zukunft dem Leben einen (wenn nicht erweisbaren, so doch erwünschbaren) Sinn abzuringen versucht.

Dennoch, so entschied der Hauptausschuß mit Mehrheit, ist kein "besonders wertvoll" für einen Film gerechtfertigt, der dies alles unklar, so kryptisch und sybellinisch vergegenwärtigt, daß nur "Eingeweihte" und vielleicht Achternbusch-Enthusiasten die Aussagen selbstverständlich verstehen können.