Be-Freier und Befreite - Krieg - Vergewaltigungen - Kinder - Teil2

Kurzbeschreibung

46 Jahre nach kriegsende kommen Frauen selbst zu Wort, die beim Vormarsch der Roten Armee opfer massenhafter/brutaler Vergewaltigungen wurden. Opfer und Täter erinnern sich.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Helke Sander
Drehbuch:Helke Sander
Kamera:Hille Sagel; Susanne Philipp; Pascal Mundt; Bernd Balaschus
Schnitt:Olla Höf; Karin Novarra; Helke Sander
Musik:Wolfgang Hamm
Länge:111 Minuten
Verleih:Salzgeber
Produktion: Bundesbeauftragte für Kultur*, Bremer Institut Film/Fernsehen GmbH, Bremen Sander, Helke, Filmproduktion GmbH/Journal Film Klaus Volkenborn KG, Berlin/Westdeutscher Rundfunk, Köln

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Wie heikel das Thema ist, das Helke Sander aufzuarbeiten versucht, mag daran zu messen sein, dass sich bei der Fabufrage nach der Vergewaltigung deutscher Frauen durch sowjetische Soldaten während des krieges und gleich danach sofort die Befürchtung einstellt, hier könnten nationale, wenn nicht gar rechtsradikale Emotionen freigesetzt werden und eine objektive Behandlung des Problems erschweren. Derartige Bedenken sind hier jedoch nicht gerechtfertigt, die Autorin/Regisseurin hat ihren Stoff nicht nur sehr mutig aufgegriffen, sondern ihn inhaltlich taktvoll und formal überzeugend bewältigt.

Helke Sander hat in Deutschland und im Ausland, vorwiegend in der Sowjetunion, viele Interview-Partner gefunden, verschlossene und gesprächsbereite, unbekümmerte und nachdenkliche, und ihre Art, zu fragen und nachzufragen, hat nicht nur ehrliche Bekenntnisse, sondern auch unbekannte Informationen zutage gefördert, z. B. jene, dass es - einer sowjetischen Parole zufolge - Pflicht der deutschen Frauen gewesen sei, ihre Eroberer mit Geschlechtskrankheiten zu infizieren, damit sie ins Spital mussten und nicht mehr an die Front gelangten. Auch an die hasserfüllten Aufrufe eines Ehrenberg und Simonow wird erinnert, die vielen Gewalttätern als Ausreden dienten. Mit den Ansichten, "was geschehen ist, ist geschehen" und "Krieg ist eben Krieg" gab sich die Autorin nicht zufrieden, hier unterstützte sie Lew Kopelew mit seinem Bemühen um Differenzierung.

Der Versuch, mit Statistiken eine mehr nüchterne Bilanz aus dem Schrecklichen zu ziehen, also eine wissenschaftliche Aufbereitung des themas mitzuliefern, bringt nach Auffassung des Bewertungsausschusses nicht viel; Zahlen, die in die Millionen gehen, sagen über das leid der zeit weniger aus als das bewegende Einzel-Schicksal. Vor allem aber das dokumentarische Bild, der originale Film: Das hier vorgeführte Material gibt dem Stoff eine enorme Aussagekraft und einen Schub, der auch zeitweiligen Leerlauf verkürzt. Das Bemühen der Regisseurin, ihre Gespräche auch optisch aufzulockern, gelingt nicht immer zur Zufriedenheit. Da aber im Vordergrund der Umgang mit menschen steht - auch dies ist vielleicht ein tröstlicher Aspekt nach so langer Zeit: Man sieht keine Täter, keine opfer mehr, nur noch Menschen - treten Einwände gegen formale Ungeschicklichkeiten gerne zurück.