Banklady

Filmplakat: Banklady

FBW-Pressetext

Deutschland, 1965: Gisela Werler arbeitet als Packerin in einer Tapetenfirma und lebt bei ihren Eltern in einer kleinen Wohnung. Soziale Kontakte sind selten, Gisela ist schüchtern und eher unscheinbar. Nur mit ihrem Kollegen Uwe geht sie öfters aus. Als der ihr erzählt, er hätte jetzt einen lukrativen Nebenverdienst als Bankraub-Komplize, wird Gisela neugierig. Und als sie dann noch den charmanten Hermann Wittorff, Drahtzieher und Chef der „Geschäfte“, kennen lernt, ist sie ihm bald hoffnungslos ergeben und entschlossen, ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Und ein neues zu beginnen. Christian Alvarts Film erzählt die wahre Geschichte der legendären „Banklady“ Gisela Werler, der ersten Bankräuberin Deutschlands. Dabei benutzt er die historischen Fakten und Eckdaten und baut sie in eine spannende Geschichte ein. In den Hauptrollen überzeugen Nadeshda Brennicke und Charly Hübner als ein Liebespaar, das sich, ganz im Stil von Bonnie und Clyde, gegen das System stellt und die Polizei lange Zeit an der Nase herumführt. Alvart zeigt ein exzellentes Gespür für das Milieu der kleinbürgerlichen Spießigkeit im Deutschland der 1960er Jahre. Setting, Kostüm und Ausstattung sind dabei stimmig bis ins Detail. Demgegenüber stehen ein rasantes Erzähltempo der Actionsequenzen sowie eine irrwitzige Geschichte, die unglaublich und doch wahr ist. Das gelungene Porträt einer intelligenten und einfallsreichen Frau, die aus Liebe alles tun wollte. Und die eine ganz besondere Lady war.

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Auch das war damals eine Form der Emanzipation und noch dazu ein gefundenes Fressen für die Boulevard-Presse. Als erste Bankräuberin Deutschlands und noch dazu überaus höfliche Kriminelle brachte es Gisela Werler in den 1960er Jahren zu einiger Berühmtheit. 19 Banken überfiel sie, zumeist gemeinsam mit einem Komplizen und sorgte so für ihr ganz eigenes Wirtschaftswunder. Mit BANKLADY hat Christian Alvart dieser Frau ein filmisches Denkmal gesetzt und dazu einen Film mit deutlichen Anleihen beim Genrekino gewagt, wie man ihn in Deutschland nicht allzu oft zu sehen bekommt.

Zwar basiert der Film auf realen Ereignissen, doch zugleich fühlt man sich deutlich an eine beinahe schon vergessene Traditionslinie des deutschen Nachkriegskinos erinnert - den Filmen, die heute subsumierend unter dem Begriff „Bahnhofskino“ geführt werden und die gerade so etwas wie eine kleine Renaissance erleben. Mit ihnen eint Alvarts Film das Interesse für realistische Milieuzeichnungen der einfachen Leute und sein Sinn für Drive und Tempo. Die präzise Beschreibung der bundesbürgerlichen Spießigkeit der 60er Jahre – zusammen mit einem passend ausgewählten Soundtrack – gelingt dem Film spürbar gut und macht ihn daher zu einem sehr authentischen Zeitbild.

Etwas unmotiviert wirkt eine sehr prägnante Sequenz, die mittels grafischer Elemente den Aufstieg Werlers zu einer Ikone der Boulevard-Presse und einer Art Popstar illustrieren soll. An dieser Stelle greift der Film wieder auf die Exposition zurück, in der man die sichtlich eingeschüchterte Gisela umrahmt von Zeitschriften-Covers und Werbeplakaten zeigt, die ihr (und dem Zuschauer) auf recht plakative Weise klarmachen sollen, dass sie, die graue Maus, nicht in die große Welt gehört, dass ihr die Verheißungen des Wirtschaftswunders und des sozialen Aufstiegs verwehrt bleiben - außer sie nimmt sich ihren Anteil zur Not mit Waffengewalt.
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Allerdings bleiben solche Verankerungen im sozialen zeitgeschichtlichen Kontext eher die Ausnahme - BANKLADY ist in erster Linie ein Film, der unterhalten will. Und das tut er mit einigen Abstrichen erstaunlich gut. Beispielhaft sei hierfür die Szene genannt, als die Polizei das vermeintliche Versteck des Gangsterpärchens umstellt und mit einer geschickten Parallelmontage auf einfache, aber effiziente Weise Spannung erzeugt wird. Erwähnenswert ist unbedingt auch noch die liebevolle Ausstattung des Filmes, die viel zum Gelingen des Gesamtwerks beiträgt.

Wahrscheinlich liegt es an den unübersehbaren Genre-Anleihen, dass BANKLADY mit recht einfachen Gegenüberstellungen und Gegensatzpaaren arbeitet, die im Falle der Kontrastierung der Gauner mit dem ermittelnden Polizisten nicht immer funktioniert. Im Bezug auf andere Aspekte, etwa auf die Zeichnung des Gangsterpaares selbst, hingegen erscheint der Genreanteil zu gering bzw. nicht konsequent genug verfolgt. Die Faszination der Presse für die „Räuberin mit den schönen Beinen“ ist jedenfalls laut Ansicht der Jury schwer zu verstehen.

Hinzu kommt, dass nicht alle Darsteller die Story gleichermaßen tragen. Ken Duken wirkt als Widersacher der Gangster ein wenig „verkleidet“ und Nadeshda Brennicke meistert ihren Part zwar gut, wirkt aber gerade zu Beginn der Geschichte nicht unscheinbar genug – die graue Maus, die erst mit dem Ausbruch aus dem kleinbürgerlichen Korsett zu neuem Selbstbewusstsein gelangt, nimmt man ihr nicht immer ab.

Insgesamt stellt BANKLADY jedoch zweifelsohne den gelungenen Versuch dar, Zeit- Sozial und Kriminalgeschichte spannend und unterhaltsam und ohne erhobenen Zeigefinger zu erzählen - im aktuellen deutschen Kinos ist allein das schon eine positiv hervorzuhebende Seltenheit.

Nach ausführlicher Diskussion entschied sich die Jury für die Vergabe des Prädikates "wertvoll".