As Time Goes By

FBW-Pressetext

Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas steht mitten in Berlin. Der Platz ist für alle offen zugänglich und dient nicht nur als Ort des Erinnerns, sondern vielen Touristen auch als Gelegenheit zur Brotzeit, vielen Kindern als Kletterplatz und, im Sommer 2010, vielen Fußballfans als Ort des ausgelassenen Feierns. Fred Breinersdorfer und Sigi Kamml zeigen dieses Mahnmal und kontrastieren die Bilder des heutigen Deutschlands mit Aufnahmen von Greueltaten der NS-Verbrecher. Die Interviews mit Besuchern aus verschiedenen Ländern und die Bilder der Deutschland-Fans im Jahr 2010 wirken hierbei aber nicht verurteilend, sondern zeigen lediglich die krasse Diskrepanz zwischen einem Damals, das nie vergessen werden darf, und einem Heute, in dem eine neue Generation eine Chance hat, es besser zu machen. Ein Film, der auf ungewöhnliche Weise den Diskurs eröffnet und sich hervorragend zur Diskussion eignet.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Sigi Kamml; Fred Breinersdorfer
Drehbuch:Fred Breinersdorfer; Sigi Kamml
Kamera:Peter Klotz
Schnitt:Sebastian Bonde
Musik:Michl Britsch; Till Brönner
Länge:8 Minuten
Verleih:interfilm Berlin Short Film Sales & Distribution
Produktion: Caros Film GbR Fred Breinersdorfer, Arte;
Förderer:FFA

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

In diesem Kurzfilm von Fred Breinersdorfer und Sigi Kamml wird sehr eindrucksvoll und präzise dokumentiert, wie das in Berlin nach einem Entwurf des US-amerikanischen Architekten Peter Eisenman geschaffene „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ in der Gegenwart funktioniert und während der Fußballweltmeisterschaft 2010 im öffentlichen Raum seine Wirkung entfaltet hat.

Zunächst werden die 491 Stelen unter verschiedenen Betrachtungswinkeln (auch mit Luftaufnahmen) zur Anschauung gebracht. Daraufhin werden ausgewählte Foto-Dokumente über den Holocaust gezeigt und auf der Tonebene mit Auszügen von der drastischen Posener Himmler-Rede unterlegt. Ferner wird beobachtet, wie unbekümmerte (überwiegend mit deutschen Farben geschmückte) Passanten sich auf und in dem Denkmal bewegen (für Fotos posieren, Klettern oder ein Picknick einnehmen). Auch ein überfordert wirkender Gedenkstättenwächter kommt ins Bild. Einige der Fußballfans, Passanten und Touristen werden interviewt, kletternde Jugendliche zur Rede gestellt. Das geschieht sachlich und mit genauem, unbestechlichem Blick. Damit gelingt es dem Film, brisante Fragen aufzuwerfen und Diskussionen anzuregen bzw. eine Kontroverse zu provozieren.

Der Kurzfilm macht nachdenklich und ist emotional bewegend. Die filmästhetischen Qualitäten sind hochwertig. Der Ausschuss stellt als besonders lobenswert fest, dass der Film ein großes Kommunikationspotential besitzt und somit wichtige Impulse für Diskurse zu diesem schwierigen Themenkomplex des Umgangs mit deutscher Geschichte vermitteln kann. Auch zur Vorbereitung von Schulklassen für den Besuch des Denkmals wäre dieser Kurzfilm bestens geeignet. Die Jury votierte einstimmig für das höchste Prädikat „besonders wertvoll“.