Volker Schlöndorff: Ausgezeichnete Filme mit Prädikat

FBW Bewertung in den 1960er-Jahren

Die FBW-Jurymitglieder in den 1960er Jahren bei der Filmbewertung im Biebricher Schloss in Wiesbaden
 

Beitrag der FBW zur Publikation der Ausstellung 

(Auszug aus dem Artikel „Zwischen Filmbewertung und Förderung: Drei frühe Werke von Volker Schlöndorff“ aus der Begleitveröffentlichung zur Ausstellung Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt)

Anlässlich der Vorbereitungen zur Ausstellung Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt besuchte der Regisseur die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) im Schloss Biebrich. Im Sichtungssaal lagen dafür die umfangreichen Filmbewertungsakten bereit. 23 seiner bislang 34 Filme wurden für eine Bewertung auf ein Prädikat eingereicht.  Damals wie heute gilt: Eine Einreichung bei der FBW ist nicht verpflichtend. Alle 23 vorgelegten Filme wurden mit einem FBW-Prädikat „wertvoll“ oder „besonders wertvoll“ ausgezeichnet. Schon wegen ihrer politischen Sprengkraft, der unbequemen gesellschaftskritischen Inhalte und politischen Aussagen sind die Begründungen für die Prädikatsauszeichnungen einen genaueren Blick wert. 

Wie urteilte die FBW als Kulturinstitution in der damaligen Zeit über Schlöndorffs Werke? Und mit welchen Effekten? Wer entschied über die Vergabe dieser Qualitätssiegel? Diesen Fragen geht der Beitrag exemplarisch an drei seiner Filme nach: DER JUNGE TÖRLESS (BR Deutschland/Frankreich 1966), DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM (BR Deutschland 1975) und DIE BLECHTROMMEL (BR Deutschland/Frankreich 1979).

(…)

DER JUNGE TÖRLESS

Betrachtet man die Berichterstattung rund um die Verfilmung des Romans von Musil dann fällt auf, dass viele Medien - seien es die Süddeutsche Zeitung (18.4.1966) oder Die Zeit (20.5.1966) – sich zum Auftakt ihrer Auseinandersetzung mit Schlöndorffs Debüt zunächst auf die berufliche „Herkunft“ des jungen Filmemachers konzentrieren. Beschrieben wurde, wie Schlöndorff bei Louis Malle gelernt und in Frankreich erste Regieluft bei den Großen ihres Fachs geschnuppert habe. Die Jury der FBW ging in der Beurteilung jedoch anders vor: Sie betrachtete einzig und allein Schlöndorffs Film. Ein Werk, das natürlich den Geist seines „Schöpfers“ atmete, doch ganz unabhängig von allen Informationen rund um Produktion, biografische Randnotizen, Auswertungszielen oder ähnlichem überzeugen musste. So schrieb bereits Hermann Krings 1958: 

„Der Film muss dem Anspruch genügen, den er selbst stellt. Er trägt in sich den Maßstab, an dem er zu messen ist. Er selbst – ‚die Natur der Sache‘ – fordert bestimmte, je verschiedene Regeln der Beurteilung“.

Ein intrinsisch gesetzter Bewertungsmaßstab, der bis heute Gültigkeit hat. 

Und so beurteilte die fünfköpfige FBW-Jury unter Vorsitz von Dr. Theo Fürstenau den Film DER JUNGE TÖRLESS zuallererst gemäß seiner Form und seines Inhalts: 

„Der Film ist das Ergebnis distanzierter psychologischer Beobachtung und gleichzeitig (…) verbindliche Bildschilderung von einer Intensität, die im deutschen Film nur selten (…) Vergleiche hat. (…) Von daher rechtfertigt sich (…) die kalte Präzision der Regie, die nicht an Gefühle appelliert, sondern den außerordentlichen Versuch unternimmt, Einsichten zu stiften. (…) Hervorzuheben ist (…) dass das Grauenhafte nicht ästhetisiert, sondern als bestimmendes Motiv in ein künstlerisches Konzept integriert, das den Menschen erklärt. (…)„Ein Film aus intellektueller Substanz, die sich sinnvoll mit ästhetischem Vermögen verbindet. Die Regie erreicht eine völlige Identität von Inhalt und Form.“

Den vollständigen Beitrag sowie weitere spannende Hintergründe zum Schaffen Volker Schlöndorffs können Sie ab sofort in der Begleitveröffentlichung zur Ausstellung Volker Schlöndorff. Von Wiesbaden in die Welt nachlesen. 

Die Ausstellung präsentiert das Leben und das Werk Volker Schlöndorffs vom 19. Mai bis 18. Juni 2023 immer dienstags bis freitags von 11 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr im Kunstverein Bellevue-Saal in Wiesbaden.

Weitere Informationen zur Ausstellung unter: www.wiesbaden.de


Prädikatisierte Filme von Volker Schlöndorff