Wem gehört die Stadt - Bürger in Bewegung

Kinostart: 19.02.15
2015
Filmplakat: Wem gehört die Stadt - Bürger in Bewegung

FBW-Pressetext

Spannender Einblick in einen kommunalpolitischen Prozess und wichtige Auseinandersetzung mit unserer Demokratie.

Das Heliosgelände im Kölner Stadtteil Ehrenfeld soll neu erschlossen werden. Da die Bewohner des Viertels bei seiner Neugestaltung Mitsprache fordern, gründen sie eine Bürgerbewegung. Mit ihrem Dokumentarfilm gelingt Anna Ditges ein sehr direkter Einblick in die Bürgerbeteiligung als aktive Teilhabe am politischen Prozess.

Schon die ersten Bilder der sich öffnenden Straßenläden und Kneipen in Anna Ditges‘ Dokumentarfilm machen den Zuschauern die große Nähe klar, die die Filmemacherin zu ihrem Thema hat. Man wird im Laufe des Films, der mit genauem Blick für das Menschliche, Abstruse und Tragikomische auf die Situation blickt, zu einem Teil der Kölner Bürgerbewegung und spürt den Frust, aber auch die Motivation, die die Beteiligten an- und umtreibt. Ein Verdienst des Films ist es, auch die Seite der Stadtverwaltung und Städteplanung nicht zu verdammen. Jeder kommt zu Wort und gibt einen Einblick in die alltägliche Suche nach der besten, umsetzbarsten, günstigsten und vielleicht auch einfach unkompliziertesten Lösung. Die Kamera, die Ditges selbst führt, ist immer dynamisch und nah am Geschehen. Dadurch, dass sich Ditges sehr für das kollektive Geschehen interessiert, kann WEM GEHÖRT DIE STADT - BÜRGER IN BEWEGUNG auch als allgemeine Schablone für Bürgerbewegungen in Demokratien gesehen werden. Und genau das verleiht dem Film eine große Relevanz und Allgemeingültigkeit.

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Anna Ditges
Drehbuch:Anna Ditges
Kamera:Anna Ditges
Schnitt:Anna Ditges
Musik:Andreas Schäfer
Webseite:annaditges.de;
Länge:87 Minuten
Kinostart:19.02.2015
Verleih:Schwarz-Weiss Filmverleih
Produktion: punktfilm Anna Ditges, ZDF;
FSK:0
Förderer:FFA; DFFF; DEFA Stiftung; Film- und Medienstiftung NRW

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

In Köln-Ehrenfeld wird ein altes Industrie-Gelände umgebaut. Als bekannt wird, dass dort eine Shopping-Mall entstehen soll, bildet sich eine Bürgerinitiative, die erstens mehr Bürgerbeteiligung an dem Vorhaben der Revitalisierung des brachliegendes Stadtgeländes durchsetzen will, und zweitens für eine ganz andere, weniger auf Konsum angelegte Konzeption wirbt. In einem jahrelangen Prozess der "erweiterten Bürgerbeteiligung" entsteht zwischen Stadt und Bürgern ein neuer Plan – während dessen Verlauf viele Konzepte und Projekte auch abgelehnt werden und unter den Tisch fallen. Die Filmemacherin Anna Ditges war über Jahre hinweg immer wieder vor Ort dabei, hat auf Sitzungen der Bürgerinitiative gefilmt und den Bürgermeister, die Investoren, die Architekten und Planer befragt. Ihr Material hat sie schließlich zum Dokumentarfilm WEM GEHÖRT DIE STADT? montiert. Herausgekommen ist ein Werk, das in den Augen der Jury weniger eine Dokumentation über die Neubebauung des Helios-Geländes ist als vielmehr eine Reflektion über Sinn und Gewinn von bürgerlichem Engagement.
Ditges wählt einen eher suggestiven Zugang zum Material – da es keinen erläuternden Kommentar gibt, muss sich der Zuschauer seine Informationen über das Wie, Wo und Wann durch aufmerksames Zuhören und Hinschauen erschließen. Dieses Vorgehen ermöglicht aber auch, dass man dem wirklich breiten Spektrum der auftretenden Protagonisten im Mikrokosmos Ehrenfeld gespannt folgt.
Die im Film verhandelten Fragen - einerseits begrüßt man die Veredelung der Gegend, andererseits werden Verdrängungen durch Gentrifizierung befürchtet – sind heute hochaktuell. Ditges gelingt es, ein Bild davon zu zeichnen, wie die Arbeit einer Bürgerinitiative funktioniert - mit seinen ausstrahlungsstarken Leitcharakteren, aber auch der Langwierigkeit des Konferierens und Planens. Man erlebt quasi mit, von wieviel Energie der Anfang begleitet ist, und wie diese dann nach und nach verebbt.
Die Form folgt hier dem Inhalt – auch Ditges‘ Film beginnt mit Engagement und widmet sich dann immer mehr den Details. Er lohnt wegen vieler alltagsweiser Beobachtungen: Denkt man am Anfang noch, hier werde das klassische Stereotyp erfüllt, von auf der einen Seite einer aufgebrachten Bürgerschaft und auf der anderen arrogante Investoren, stellt sich mit der Zeit ein differenzierteres Bild her. Man wird regelrecht Zeuge eines gegenseitigen Aufeinanderzugehens.
Kritisch merkt die Jury an, dass Ditges keine visuelle Form gefunden hat, das Gelände als solches wirklich abzubilden. So gibt es zwar ausreichend Lokalkolorit, vertreten durch Interviews mit örtlichen Handwerkern, Bewohnern und Ladenbetreibern, aber der architektonische Raum bleibt für die Jury etwas abstrakt. Nicht zuletzt deshalb erscheint WEM GEHÖRT DIE STADT? als ein Film, der in erster Linie für die Betroffenen selbst und diejenigen, die die Gegend kennen, interessant ist. Für das breite Publikum, so gibt die Jury zu bedenken, bleibt an einigen Stellen ein hohes Maß an Informationen offen.