Weitermachen Sanssouci

Kinostart: 24.10.19
2019
Filmplakat: Weitermachen Sanssouci

FBW-Pressetext

Der zweite Film von Max Linz erzählt als gewitzte Satire von einer Klimaforscherin, die zusammen mit ihren Kollegen versucht, Drittmittel für ein wichtiges Forschungsprojekt zu erhalten – um so das gesamte Institut zu retten.

Phoebe Faidon ist als Klimaforscherin neu am Institut für Kybernetik an der Berliner Universität. Neben ihrem Seminar „Einführung in die Simulationsforschung“ ist es Phoebes Aufgabe, den Ablauf der kommenden Evaluation zu koordinieren, bei dessen Scheitern eine Schließung des Instituts droht. Ein Komitee steht schon bereit, das nur darauf wartet, den Klimawandel zu erleben. Natürlich nur in Simulation. Wie auch sonst, solange die Drittmittel noch nicht da sind. Die Universität als eine „öffentliche Auseinandersetzung über gesellschaftliche Fragen“ – so umschreibt der Regisseur Max Linz den Handlungsort seines zweiten Langfilms WEITERMACHEN SANSSOUCI. Nach seinem ersten Film ICH MÖCHTE MICH NICHT KÜNSTLICH AUFREGEN, ein humorvoller Blick auf die Kunstwelt, ist es nun der Hochschulalltag, der im Fokus steht. Mit klugem und exaktem Blick seziert Linz die formellen Vorgänge, die im Hintergrund von Forschung und Lehre ablaufen und ohne die ein Unibetrieb gar nicht möglich wäre: Das komplizierte und einer Sisyphos-Arbeit ähnelnde Antragsverfahren, das ständige Umgarnen potenzieller Geldgeber und die wortumschwallte Inhaltsleere von Vorträgen und Projektbeschreibungen. Dazwischen Forscher, Lehrende, Institutsleiter, die mit hoher Motivation beginnen und dann nach und nach im Alltag abstumpfen. Sarah Ralfs, Sophie Rois, Philipp Hauß sowie der Rest des Ensembles verkörpern die Figuren, die mit Blick fürs Stereotype gestrickt sind, überzeugend, allen voran Sophie Rois, die die überreizte Institutsleiterin mit Verve und Hingabe spielt. Dass für Linz sein Sujet auch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit verknüpft ist, zeigen die immer wieder eingestreuten surrealen Momente, in denen die Studenten- und Belegschaft mit kleinen Liedern auf das aufmerksam macht, was eben nicht stimmt an deutschen Unis. Und so ist WEITERMACHEN SANSSOUCI ein äußerst kluger, gewitzter und gelungener Kommentar auf die Hochschulmisere und den ewigen Kampf um Drittmittel. Und natürlich das Klima – sofern die Evaluierung positiv ausfällt.

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

WEITERMACHEN SANSSOUCI ist ein schwieriger, geradezu sperriger Film, der trotzdem oder gerade deshalb starke Reaktionen beim Zuschauer auslöst. Auf der einen Seite ist der Film eine absichtlich spröde gehaltene Satire auf den modernen Wissenschaftsbetrieb, in dem die Worthülsen des endlosen Antragsgeweses die Inhalte der Forschung mehr verschleiern als enthüllen und junge Menschen auf 28-Prozent-Stellen mehr hingehalten als gefördert werden. Der Müßigkeit der Klimaforschung und den Bizarrerien der Universitätshierarchie erweist Max Linz dabei ebenso Referenz wie dem studentischen Protesteifer mit seinen Wohlfühloasen. Auf der anderen Seite erweist sich WEITERMACHEN SANSSOUCI bei eingehender Betrachtung als höchst selbstreflexives Werk, das den Zuschauer gekonnt auf Distanz hält und so zum kritischen Nachdenken auch der eigenen Haltung zwingt.

Die planlos durchs Leben treibende Jungwissenschaftlerin, ihr freundlich-ehrgeiziger Kollege, ihre kaltschnäuzige Professorin und der eitle Institutsleiter – Max Linz setzt in seinem Film lauter Stereotypen ein, die er gegeneinander positioniert. Sie sind weniger Charaktere mit psychologischem Profil als dass sie bestimmte Figuren des Wissenschaftsbetriebs und einfach der Realität repräsentieren. Die Schauspieler sprechen dabei ihren theaterhaften Text eher unterkühlt und leidenschaftslos, was den verfremdenden Effekt zusätzlich steigert. Man wird, so die Jury, zum Schmunzeln angeregt, aber nicht zum lauten Lachen. Die Jury lobte außerdem den minimalistischen Stil des Films, der mit wenig Mitteln große Komplexität erreicht und dabei sehr raffiniert auch Elemente wie zum Beispiel einen Chor – Komparsen im Hintergrund, die das Geschehen zusammenfassen und kommentieren – einsetzt. Besonders gefiel der Jury auch das Spiel mit Virtualität und Simulation: Im Zentrum steht ein „Institut für Simulationsforschung“, das Linz sowohl den virtuellen, soll heißen fiktiven Raum für seinen Film liefert, in dem selbst aber auch „Virtual Reality“, also simulierte Realität mit technischen Mitteln, zum Einsatz kommt.

Sei es der sinnentleerte Wissenschaftsbetrieb, die zahnlosen Rituale des Studentenprotests oder die Undurchsichtigkeit der Förderanträge und ihre sprachlich unsäglichen Vorgaben: Wer sich je schon mal darüber geärgert hat, so stellte die Jury fest - wird zu WEITERMACHEN SANSSOUCI auch eine unmittelbar emotionale Reaktion aufbauen können.