Was wir wollen

Filmplakat: Was wir wollen

FBW-Pressetext

Isi und Finn sind gerne zusammen. Filme schauen, Händchen halten, sich küssen, all das ist wunderschön. Aber irgendwann für beide nicht mehr genug. Isi und Finn wollen richtig zusammen sein, ihr erstes Mal miteinander erleben. Beide sitzen im Rollstuhl, dazu ist Finn kleinwüchsig. Und so wissen beide nicht so recht, wie sie ihren Wunsch nach Nähe auch rein praktisch ausleben können. Isi beschließt, eine Sexualbegleiterin zu engagieren. Doch Finn zweifelt: Soll so das erste Mal sein? Und ist es das, was sie beide wirklich wollen? WAS WIR WOLLEN in der Regie von Eléna Weiss (Drehbuch von Sophie Dittmer) erzählt mit radikaler Offenheit von einem selten beleuchteten Thema: dem Umgang zweier Menschen, die körperlich beeinträchtigt sind, mit der körperlichen Liebe. Dabei ist der Konflikt doch so „normal“: Isi und Finn sind einfach zwei Menschen, gefangen in ihren Ängsten, ihrer Unsicherheit, ihrer Sehnsucht nach Nähe und Intimität. Dieser emotionale Kern der Geschichte macht den Film allgemeingültig, der Aspekt der körperlichen Behinderung macht ihn inklusiv im allerbesten Sinne. Die beiden Hauptdarstellenden Leonard Grobien und Florentine Schlecht agieren in ihrem Spiel angstfrei, ebenso wie die Kamera von Matthias Pöltinger, die, im wahrsten Sinne des Wortes, hautnah an die Beteiligten heranrückt, dabei aber die Grenze zum Voyeurismus nicht überschreitet und die Sinnlichkeit des Erlebens auf Augenhöhe der Protagonist:innen spürbar macht. Die ganze Szenerie des mittellangen Spielfilms wirkt dokumentarisch, und doch können die Zuschauenden hineintauchen in eine wunderschöne Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die gemeinsam herausfinden, was sie wirklich wollen. Als Isi, als Finn, als Isi und Finn. Denn nur darum geht es. In jeder Beziehung.
Prädikat besonders wertvoll

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Isi und Finn lieben sich und wollen das erste Mal miteinander schlafen. Soweit, so bekannt. Aber Isi und Finn sitzen beide im Rollstuhl – wie kann das also überhaupt gehen?

Isi und Finn führen uns als überaus sympathische Hauptfiguren an das Thema des ersten Geschlechtsverkehrs heran. Das alleine wäre schon aufregend genug: die Unsicherheit, das Kribbeln, die Sorgen, die Vorfreude. Dieser Mix aus Gefühlen ist universell und wird auch als solcher in dem Kurzfilm WAS WIR WOLLEN geschildert, verstärkt durch die dramaturgische Spiegelung von anderen nicht-behinderten Beziehungen. Letztlich stehen alle vor denselben Herausforderungen. Doch dieser Kurzfilm tut es im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe. Die Kamera folgt auf dem Niveau des Rollstuhls durch die mit leichter Hand inszenierten Szenen, gerne kombiniert mit kleinen Rollenspielen aus Filmen, die Isi und Finn so lieben. Und plötzlich ist es nicht mehr relevant, dass beide Hauptfiguren im Rollstuhl sitzen. Oder doch?

Kleine Momente der Ausgrenzung, zum Beispiel, wenn Isi einkaufen geht und wie ein Kind behandelt wird, oder die schiere Notwendigkeit, über Sexual-Begleitung nachdenken zu müssen, stören gezielt den Fluss der Geschichte. Unverstellt und mutig brechen diese Momente eines Lebens mit Behinderung in die Welt des Genres der Romantic Comedy herein.

Mit jeder Szene wachsen die beiden Figuren mehr und stellen sich letztlich den zentralen Fragen, was sie wollen, was schön ist und lassen dabei auch negative Gefühle wie Scham und Unsicherheit zu. Auch das so wichtige Thema des „Consent“ wird subkutan behandelt, ohne belehrend zu wirken. Generell vermeidet der Film allzu technische Details, um sich ganz auf die Gefühlsebene der Protagonist:innen einzulassen.

Insbesondere in den intimen Momenten merkt man die Chemie zwischen den beiden Protagonist:innen, die Regisseurin Eléna Weiss mit minimalem Musikeinsatz und zurückgenommener Kamera ins Zentrum der Geschichte rückt und dabei mit unserer Erwartungshaltung spielt. WAS WIR WOLLEN ist im besten Sinne ein realistischer Film, ohne ein Problemfilm sein zu müssen. Das für uns nicht-behinderte Menschen genauso aufregende, aber definitiv weniger problematisierte Thema „Das erste Mal“ wird charmant und unverklemmt aus einem neuen Blickwinkel erzählt.

Die FBW-Jury gratuliert zum Prädikat BESONDERS WERTVOLL.