Filmplakat: Unerhört

FBW-Pressetext

Jette wusste, dass der Tag irgendwann kommen wird. Und doch ist das 12-jährige Mädchen total überrumpelt, als es an der Tür klingelt. Und draußen ein rot gekleidetes Wesen steht, das in die Wohnung kommen will. Aber Jette hat aufgepasst. Bei ihrer Mutter. Die hat nämlich das rote Wesen immer gepackt und es auf die Toilette geschleppt. Tür zu, rotes Wesen erledigt. Und jetzt wird sich Jette auch wehren. Das rote Wesen jedoch sieht, dass Jette zweifelt. Und so fangen die beiden an, miteinander zu reden. Die Filmemacherin Emma Bading erzählt in ihrem Kurzspielfilm UNERHÖRT die Geschichte einer ersten Begegnung, die alle Frauen miteinander verbindet. Dabei steht der medizinische Begriff der Menstruation oder der Regelblutung nie als medizinischer Prozess im Fokus. Vielmehr geht es um das, was eine Heranwachsende empfindet, wenn sich der Körper verändert und darin etwas passiert, was ganz normal ist, sich aber überhaupt nicht normal anfühlt. Darüber hinaus erzählt Bading auch von der Kommunikation zwischen den Generationen. Denn wie Kinder etwas sehen, wird ihnen von Eltern oft vermittelt oder weitergegeben. Dies alles wird, zusammen mit einer großartigen Farbgestaltung und einem sehr stimmigen Kamerakonzept mit einer überbordenden Spielfreude der Darstellerinnen Anna Böttcher, Luise Wolfram und vor allem Bella Bading als Jette vermittelt. Ein Film, den man sich als Pflichtprogramm für Aufklärungsgespräche wünscht. Frech, unverkrampft, sensibel und auf den Punkt erzählt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Coming-of-Age; Kurzfilm
Regie:Emma Bading
Darsteller:Anna Böttcher; Luise Wolfram; Bella Bading
Drehbuch:Emma Bading; Caro Lenhart
Kamera:Janne Ebel
Schnitt:Nils Radtke
Musik:Bertolt Pohl
Länge:9 Minuten
Produktion: Emma Bading

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Umzugstag steht an. Jette und ihre Mutter sind voll im Stress. Nichts klappt richtig, nichts ist dort, wo es eigentlich sein soll, und dann bekommt Jette auch noch Besuch…

Als ein in Rot gekleideter Kobold an der Haustür von Jette erscheint, ist die Jury zunächst irritiert, und erst recht, als deren Mutter den rot gekleideten Eindringling mit einem Faustschlag zu Boden schickt. Aber die Irritation legt sich schnell, als die Mutter verlauten lässt, dass Jette noch nicht so weit sei.

Frisch, frech, fröhlich, frei, so möchte man Emma Badings Coming-Of-Age-Kurzfilm untertiteln. In der Tat kann sich die Jury nicht daran erinnern, zuvor einen so vergnüglich-entspannten Umgang mit dem Noch-Immer-Tabu-Thema „Menstruation“ gesehen zu haben. Badings Team packt das Motiv mit viel Spaß am Spiel an und vermag auch das Unaussprechliche auszusprechen.

Eine verklemmte Mutter, die sich allein beim Gedanken an Menstruation sehr verkrampft zeigt, ein Gnom, der die kleine Jette in eine rote Höhle zieht und Hagebuttentee aus einer Menstruationstasse anbietet: So viel entspannte Fantasie ist im deutschen Film selten zu finden – und noch seltener in Komödien. Sicher ist auf jeden Fall - auch oder gerade weil Jettes Mutter gerne hätte, dass alles bleibt wie es ist – dass Jette einmal ein anderes entspannteres Verhältnis zu ihrem Körper haben wird.

Sehr passend empfand die Jury auch die kalkulierte Farbenlust des Settings. Die roten Haare von Mutter und Tochter kontrastieren mit dem gelb-blau der Einrichtung, in der es sich der knallrote Menstruationskobold bald schon gemütlich macht. UNERHÖRT kann aber auch auf einen tollen Cast zurückgreifen. Neben Luise Wolfram als verkrampft-nervöse Mutter ist es vor allem Anna Böttcher als Menstruationskobold und natürlich Bella Bading, die die Tochter Jette hervorragend spielt.

Timing, Cast, Raffinesse und Originalität: Bei UNERHÖRT stimmt einfach alles, so dass die Jury so gerne wie auch einstimmig das höchste Prädikat verleiht.