Tom of Finland

Kinostart: 05.10.17
VÖ-Datum: 29.03.18
2017
Filmplakat: Tom of Finland

FBW-Pressetext

Er war eine Ikone der Schwulenbewegung: Der finnische Künstler Touko Laaksonen, der unter dem Pseudonym „Tom of Finland“ seine pornografischen und homoerotischen Zeichnungen in die Welt brachte, sorgte für Furore. In TOM OF FINLAND erzählt der Regisseur Dome Karukoski auf sensibel berührende Weise die Geschichte des Mannes hinter der Kunst. Als Touko als Soldat aus dem Zweiten Weltkrieg heimkehrt, ist er nicht mehr derselbe wie vorher. Seine Schwester, die sich Sorgen um ihn macht, beschwört ihn, das Leben wieder zu genießen. Doch Touko darf nicht leben wie er möchte. Er ist homosexuell und kann im Finland der 1950er Jahre seine Leidenschaften nur im Verborgenen ausleben. So beginnt er seine sexuellen Fantasien zu zeichnen. Schnell finden seine Kunstwerke reißenden Absatz, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA. Doch während „Tom of Finland“ gefeiert wird, muss er im Privaten immer noch kämpfen, um zu seiner großen Liebe stehen zu können. Karukoski erzählt auf einfühlsame und still zurückhaltende Weise. Immer wieder streift der Film wichtige Stationen der Zeitgeschichte, die man auch durch das authentische Setting nachspüren kann. So ist TOM OF FINLAND nicht nur ein spannendes Biopic, sondern auch eine lebendige Milieustudie über eine ganze Bewegung. Die Beklemmung der Figuren, die immer Angst vor Verfolgung, Ausgrenzung und Bestrafung haben müssen, wird durch ein exzellentes Drehbuch und eine klug komponierte Farb- und Lichtdramaturgie deutlich spürbar. Verschiedene Zeitebenen werden von Karukoski geschickt miteinander verwoben, sodass man als Zuschauer immer wieder und ganz natürlich mit Touko hin- und herwandert in der Erinnerung. Die vielen inszenatorischen Wendungen des Films fügen sich problemlos zu einem harmonischen Ganzen, auch weil die großartigen Darsteller ihre Rollen differenziert spielen, allen voran der zwischen Fragilität und innerer Entschlossenheit brillant changierende Pekka Strang in der Titelrolle. Und neben der beeindruckenden und dicht erzählten Geschichte eines Mannes, der sein ganzes Leben lang zu kämpfen hatte, ist TOM OF FINLAND doch immer wieder auch ein romantisches und lebensbejahendes Plädoyer für die Freiheit, das sein zu dürfen, was man möchte. In jedweder Hinsicht. Ein spannendes und berührendes Biopic und eine filmische Verbeugung vor einem großartigen Künstler.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm; Biopic
Regie:Dome Karukoski
Darsteller:Pekka Strang; Lauri Tilkanen; Jessica Grabowsky; Seumas Sargent; Jakob Oftebro
Drehbuch:Aleksi Bardy
Kamera:Lasse Frank
Schnitt:Harri Ylönen
Musik:Hildur Guðnadóttir
Weblinks:filmfriend.de;
Länge:116 Minuten
Kinostart:05.10.2017
VÖ-Datum:29.03.2018
Verleih:MFA
Produktion: Helsinki Filmi Oy, Anagram; Fridthjof Film; Neutrinos Productions; Film and Music Entertainment; Film i Väst; Fresco Film Services;
FSK:12
Förderer:FFA; MBB
BD EAN-Nummer:4030521751941
DVD EAN-Nummer:4030521751934
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Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.

Das finnische Biopic TOM OF FINLAND erzählt in zeitlicher Verschachtelung die Geschichte des berühmten Künstlers, der wie kein Zweiter der schwulen Lederszene weltweit Identität und Selbstbewusstsein verliehen hat. Dabei bemüht sich der Film, männliches Begehren, das erzwungene Versteckspiel mit der Polizei, das Kriegserleben und die künstlerische Inspiration in einem engen Zusammenhang zu inszenieren.
In einer behutsamen Inszenierung und zyklisch verschachtelten Zeitebenen erzählt der Film von Schlüsselmomenten aus vier Lebensjahrzehnten: Touko Laaksonen (Pekka Strang) bringt seine Heimkehr von der Front des Zweiten Weltkriegs nicht den ersehnten Frieden, denn er tauscht einen Kriegsschauplatz lediglich gegen den anderen ein, wie der Film deutlich zeigt: In Finnland steht Homosexualität unter Strafe, ständig wird er von der Polizei verfolgt. Sogar seine Schwester Kaija (Jessica Grabowsky) erfährt erst spät, dass er schwul ist. Seine Beziehung zu dem Tänzer Veli Mäkinen (Lauri Tilkanen) führt er im Geheimen.
Der Film zeigt so nachvollziehbar den Weg, wie Laaksonen beginnt, seinem Begehren auf künstlerische Art Ausdruck zu verleihen, indem er homoerotische Bilder zeichnet. Unter dem Pseudonym Tom Of Finland hat er mit diesen Werken bald in den USA Erfolg, von wo aus er für schwule Männer weltweit zum Symbol ihrer Emanzipation wird. Erst mit dem Ausbruch der HIV-Epidemie Anfang der 1980er Jahre bekommt der Traum von der schwulen Revolution Risse. Hier nimmt auch die Stimmung des Films eine beklemmende Wendung, die erst im Schlussbild wieder aufgelöst wird. Doch auch im Bad der schwarzledernen Menge wirkt der Protagonist merkwürdig fremd und melancholisch.
Mit hochgradig reflektierten Bildern und Szenen erschafft der Film ein großes Panorama mit historischer Perspektive, in der Kriegssituation und Sexualität auf irritierende Weise verbunden werden. Der vom Film reflektierte lange Zeitraum wird dramaturgisch beachtlich bewältigt. Leitmotive werden dabei subtil entwickelt und die die Ausleuchtung und Gestaltung der Räume progressiv verändert – von der Klaustrophobie Finnlands bis zur Befreiung in Kalifornien.
Beachtlich ist auch, wie der Hauptdarsteller Pekka Strang den Protagonisten in verschiedenen Altersphasen verkörpert. Getrieben wird er dabei von der traumatischen Erinnerung an die Tötung eines russischen Fallschirmjägers, der im Folgenden als imaginierter Ledermann immer wieder auftaucht. Die Verbindung von Eros und Thanatos ästhetisiert diese Schuld und leitet sie zugleich um in Bilder sexuellen Begehrens. So kann der Film auch im schwierigen Genre des Biopics als außergewöhnlich gelungenes Beispiel gelten.
Die Jury zeigte sich angesichts der ebenso dichten wie subtilen Inszenierung und thematischen Stringenz des Films äußerst beeindruckt und bewertet den Film mit dem Prädikat besonders wertvoll.