Kurzbeschreibung

Ein afghanischer Verkehrspolizist regelt an einer großen Kreuzung in Afghanistan den Verkehr. Er hat die Straße fest unter seiner Kontrolle, bis er eines Tages durch ausländische Soldaten durch eine nagelneue Verkehrsampel ersetzt wird.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Ceylan Beyoglu
Drehbuch:Julia Urban
Musik:Nils Kacirek
Länge:12 Minuten
Produktion: let's be awesome filmproduction e.K. Ali Hakim
Förderer:Nordmedia; FFHSH

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Ein Schutzmann steht auf der Kreuzung einer afghanischen Ortschaft. Er regelt den Verkehr. Der Alltag wirkt einfach und angenehm. Eines Tages aber wird eine Ampel aufgestellt und die kleine Animationswelt gerät aus den Fugen. Der Schutzmann will sich nicht mit dem mechanischen Ding abfinden und auch nicht mit den bewaffneten Muslimen, die in der Folge das Leben in dem kleinen Ort gehörig durcheinander bringen.

Zugegeben, diese Zusammenfassung wirkt einfach, es hat aber eine Weile gedauert, bis die Jury die Zusammenhänge des Films tatsächlich durchschaut hatte. Das Auftauchen der bewaffneten Taliban durchbricht die nostalgisch wirkende Welt des Schutzmannes so überraschend, dass erst in der Diskussion eine zufriedenstellende Verbindung von Schutzmann, Ampel und Taliban erstellt werden konnte. Das mag daran liegen, dass die Taliban mittlerweile aus der Berichterstattung westlicher Medien weitgehend verschwunden sind, das mag vielleicht auch daran liegen, dass Ceylan Beyoglus Film durch Bild und Ton forciert nostalgische Assoziationen beschwört, so dass das Vorhandensein von Taliban zunächst irritierend wirkt.

Dennoch: Mit einem leichten Strich gelingt es Ceylan Beyoglu, echte Charaktere auf die Leinwand zu bringen. Trotz Uniform und prächtigem Schnauzbart erscheint der Schutzmann der Jury als liebenswerter Vertreter seiner Zunft. Er regelt den Verkehr so, wie es ihm richtig erscheint – situationsbedingt, souverän. Mit der Errichtung der Ampel bricht offensichtlich ein neues Zeitalter herein. Unbestechlich taktend regelt sie von nun an den Verkehr und kennt keine Ausnahmen. Ob übereifrige Radfahrer, Lasten tragende Fußgänger oder ein gehbehindertes Kind, sie alle werden Opfer des Fortschritts. Kein Wunder, das der Schutzmann versucht, in das neue System einzugreifen und die alte Ordnung wieder herzustellen, auch wenn ihm Taliban den Weg versperren

Bis hierhin hat sich die Jury an Filme mit Jacques Tatis Monsieur Hulot erinnert gefühlt, oder auch an Sylvain Chomets DAS GROßE RENNEN VON BELLEVILLE. Die liebenswerte, unbeholfene Tapsigkeit des Schutzmannes, gepaart mit dem klarinettenbetonten Score weckt, im besten Sinne, anachronistische Assoziationen. Dieser Eindruck wird durch die durchgehend transparente, aquarellartige, kinderbuchhafte Grafik bestätigt. In der Diskussion zeigt die Jury große Achtung für die formalen Aspekte des Animationsfilms.

Weitaus kontroverser hat die Jury die Umsetzung des Inhalts, bzw. die Angemessenheit der gestalterischen Mittel diskutiert. Es hat sich gezeigt, dass gerade die Schönheit der Grafik und des eingesetzten Scores die Jury tatsächlich vom genauso gewichtigen wie philosophischen Inhalt abgelenkt haben. Dass die Ampel, als westliche Neuerung, das Aufbegehren der gefährlichen Traditionalisten hervorruft, ist zumindest für die christlich-abendländisch, bzw. westlich-geprägte Jury nicht sogleich dechiffrierbar gewesen. Sie hat THE ROUND zunächst im Kontext nostalgieorientierter Filme betrachtet und leider erst viel später in der Diskussion den durchaus ernsten Zusammenhang rekonstruieren können. Hier hätte die Jury gerne ein wenig mehr dramaturgische Führung bzw. Verständlichkeit erfahren.

Vor diesem Hintergrund aber erschließt sich auch der interessante Schluss des Films mit Leichtigkeit. Erst durch die spätere Handschaltung der Ampel, die die Jury als Symbiose aus Tradition und westlicher Moderne interpretiert hat, kann der Schutzmann die Taliban bezwingen. - Ein, wie die Jury glaubt, durchaus bemerkenswerter Ausblick auf die Zukunft des Landes.