The Many Saints of Newark - A Sopranos Story

Kinostart: 04.11.21
2021
Filmplakat: The Many Saints of Newark - A Sopranos Story

FBW-Pressetext

Eine Reise zu den Wurzeln von Tony Soprano – spannendes Gangsterkino, so vielschichtig wie seine Figuren.

Als Teenager in den 1960ern ist Tony Soprano weit entfernt von dem Mafiaboss, der er einmal werden soll. Anführer der Familie sind Männer wie sein Onkel Dickie Moltisanti, der versucht, in Newark die Oberhand im Drogengeschäft zu behalten. Doch als Harold, ein Schwarzer, der für ihn arbeitet, sich ihm entgegenstellt, stehen alle Zeichen auf Krieg. Das Prequel zu der Erfolgsserie THE SOPRANOS fügt sich mit seiner packenden Geschichte und der spannenden Figurenkonstellation nahtlos in das Universum des legendären Mafiosi-Familiendramas ein.

Unter der Regie von Alan Taylor und der engen Drehbuchmitarbeit des Erfinders der Kultserie, David Chase, gelingt dem Film ein Prequel zu THE SOPRANOS, das sich nahtlos in das Universum der Serie einreiht und die Verbindungen der bekannten und neuen Figuren aufzeigt. Doch auch für Nichtkenner bietet der Film eine spannende und vielschichtige Handlung, die alles aufbietet, was das Gangsterfilm-Genre bereithält: Drogen, Gewalt, Intrigen – und der brutale Kampf um die Macht im eigenen Viertel. Die Bilder sind stimmungsvoll und mit einem passenden Soundtrack unterlegt, die Gewalt ist direkt und körperlich. Doch auch über die klassischen Stereotypen hinaus gelingt es dem Film, etwas über die politischen und sozialen Problemen der Zeit zu erzählen. Denn die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung und deren Auflehnung werden ebenso deutlich wie die Korruption durch die Mafia. Alessandro Nivola ist als Dickie eine ambivalente Hauptfigur, die zwischen der Pflicht, die Familie stolz zu machen, und dem Wunsch, ein anderes Leben führen zu können, fast zerbricht. In Leslie Odom Jr. als Harold, der sich nicht länger unterdrücken lassen will und seine Männlichkeit in Frage stellt, findet Nivola ein kongeniales Gegenstück. Und mit Ray Liotta als inhaftiertem Familienoberhaupt ist die Anlehnung an legendäre Mafia-Filme perfekt. Geschickt entwirft das Drehbuch eine in sich stimmige und dynamische Figurenkonstellation, in der ein einzelner Dialog eine ganz neue Spannung hinzufügen kann. Und in der der Charakter einer ambivalenten Figur wie Tony Soprano seine glaubwürdigen Wurzeln findet.

Filminfos

Gattung:Drama; Thriller; Spielfilm
Regie:Alan Taylor
Darsteller:Alessandro Nivola; Michael Gandolfini; Jon Bernthal; Vera Farmiga; Corey Stoll; Billy Magnussen; Ray Liotta; Leslie Odom Jr.
Drehbuch:Lawrence Konner; David Chase
Kamera:Kramer Morgenthau
Schnitt:Christopher Tellefsen
Webseite:warnerbros.de;
Länge:120 Minuten
Kinostart:04.11.2021
Verleih:Warner
Produktion: New Line Cinema, Chase Films; HBO Films; Home Box Office; Warner Bros.;
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

THE MANY SAINTS OD NEWARK ist ein Prequel der TV-Serie „The Sopranos“ und bei solchen Weiterführungen von erfolgreichen Erzählungen müssen die Drehbuchschreiber ein schwieriges Problem meistern. Zum einen müssen die Fans und oft genauen Kenner der Serie befriedigt werden, es darf also keine narrativen oder stilistischen Brüche im Vergleich zur Serie geben. Zum anderen muss der Film aber auch für sich selber bestehen, also für ein Publikum verständlich und fesselnd sein, das die Serie nicht kennt und so darauf angewiesen ist, dass die Charaktere auch ohne Vorkenntnisse auf der Leinwand lebendig wirken. Bei der Sitzung der Jury waren jene, die die Serie kannten, deutlich in der Minderzahl. Hier saß also nicht das Zielpublikum, aber dennoch gab es keinerlei Irritationen oder Probleme, die komplizierten Verbindungen in den Familien und der Verbrecherorganisation zu verstehen. Der Autor und Showrunner der TV Serie „Sopranos“ David Chase hat zusammen mit dem renommierten Drehbuchautoren Lawrence Konner geschickt die Vorgeschichte des Soprano-Clans in den 1960er Jahren in einen ganz eigenen Kontext gestellt. Dabei geht es zwar auch darum, wie sich die Familien Moltisanti und Soprano als italienische Einwanderer zum Teil noch der ersten Generation in den USA behaupten können, wie sie eine kriminellen Kultur aus ihrem Heimatland erfolgreich adaptieren und in ihrer neuen Heimat durchsetzen. Überraschend ist aber, dass hier auch die Schwarzen eine wichtige Rolle spielen. Einige von ihnen sind Konkurrenten, etwa bei der beliebten Zahlenlotterie, aber ein Kernstück der Geschichte sind auch die Rassenunruhen in Newark im Jahr 1967, die wie ein Katalysator in der Entwicklung der kriminellen Strukturen in der Stadt wirken. Chase und Konner nutzen sie als einen dramaturgischen Brennpunkt, und mit diesem sowohl realistischen wie auch ungewöhnlichen Kontext gelingt es ihnen, anders zu erzählen als in den vielen Mafiafilmen von „Scarface“ über „Der Pate“ bis zu „Good Fellas“ und eben den „Sopranos“. Die beiden vermeiden in THE MANY SAINTS OF NEWARK möglichst Genrekonventionen, und wenn sie mit ihnen arbeiten, enttäuschen sie geschickt die durch sie geweckten Erwartungen. So gibt es als Finale etwa nicht die große Entscheidungsschlacht im Bandenkrieg zwischen den Italienern und Afroamerikanern – beide müssen sich miteinander arrangieren, und so kommt es zu dem fragilen Waffenstillstand, der dann in der Serie eine große Rolle spielen wird. Auch psychologisch wird hier virtuos erzählt. Es werden die meisten in der Serie wichtigen Figuren vorgestellt (Christopher Moltisanti ist zu Beginn des Films noch nicht geboren, erzählt aber als Stimme aus dem Grab die Geschichte), und man bekommt einen guten Eindruck davon, wie etwa Tony Sopranos Mutter oder sein Onkel Corrado sich zu den Soziopathen entwickelten, die sie in der Serie sein werden. Tony selbst ist ein nachdenklicher, eher zurückhaltender Jugendlicher, der von den Männern der Familien geprägt wird. Gespielt wird er vom Sohn des verstorbenen James Gandolfini, Michael, und so muss eine sowohl körperliche wie auch mentale Ähnlichkeit nicht behauptet werden, sondern sie existiert ganz natürlich. Stilistisch erinnert THE MANY SAINTS OF NEWARK eher an realistische Thriller aus den 1960er und 1970er Jahren als an den Look der TV-Serie, und auch dies ist eine gute Entscheidung, denn der Stil der Serie wäre ein Anachronismus. Aber auch die nostalgische Stimmung, mit der etwa Coppola und Leone gearbeitet haben, wäre hier nicht passend gewesen. Alle Rollen sind genau richtig besetzt, ohne dass die Darsteller*innen unbedingt jüngere Kopien der „Originale“ sein müssen, und gerade die Besetzung von Ray Liotta ist eine augenzwinkernde Hommage an das Genre. Sowohl künstlerisch wie auch filmhandwerklich ist THE MANY SAINTS OF NEWARK ein außergewöhnlich gut gelungenes Prequel, das dem Niveau und der epischen Dimension der Serie mehr als gerecht wird.