Stalingrad

Kinostart: 21.01.93
1992
Filmplakat: Stalingrad

Kurzbeschreibung

Eine Handvoll deutscher Landser erlebt und erleidet im Winter 1942/43 die sinnlose Vernichtungsschlacht um Stalingrad und die Auslöschung der eingekesselten 6. deutschen Armee.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama; Spielfilm; Monumentalfilm
Regie:Joseph Vilsmaier
Darsteller:Dominique Horwitz; Thomas Kretschmann; Jochen Nickel
Drehbuch:Jürgen Büscher; Johannes Heide
Kamera:Joseph Vilsmaier
Schnitt:Hannes Nikel
Musik:Enjott Schneider
Länge:138 Minuten
Kinostart:21.01.1993
Verleih:Senator
Produktion: Royal Filmproduktion GmbH Royal Filmproduktion GmbH, Bavaria Film GmbH/B.A., Bob Arnold, Film oHG/ Perathon Film- und Fernseh-GmbH, München
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Mit diesem Film sollte der Versuch unternommen werden, die tragischen Ereignisse der Schlacht um Stalingrad nach 50 Jahren ins Gedächtnis zu rufen und zu versuchen, die Sinnlosigkeit der Massenvernichtenden Kämpfe vor Augen zu führen. Eine solche Antikriegsbotschaft ist – nach Ansicht des Bewertungsausschusses – nicht gelungen.

Da die Rekonstruktion am Ort des seinerzeitigen Geschehens nicht mehr möglich war, wählte die Produktion den Weg, die Erlebnisse dieses Vernichtungskampfes über eine Handvoll einfacher Soldaten und einen Offizier an anderen Drehorten dem Zuschauer nahezubringen. Diese Männer sollten stellvertretend erlebbar machen, wie in dieser Schlacht gekämpft wurde und welchen physischen wie psychischen Belastungen jeder von ihnen ausgesetzt ist. Das dieser Ansatz für ein Gruppenpsychogramm letztlich nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führte, ist nach Meinung des Bewertungsausschusses in erster Linie auf das Drehbuch und die ihm zugrunde liegende Konzeption zurückzuführen.

Die Hauptrolle der Handlung sind relativ früh als Männer zu erkennen, die dem sinnlosen Kampfgeschehen inneren wie äußeren Widerstand entgegensetzen. Dies sei eigentlich unwahrhaftig. Gehorsame Soldaten, die, wie die meisten, in Pflichterfüllung Befehle ausführten, sieht man in diesem Film fast nur als hingeschlachtete Statisten. Die Konfliktebene ist bei den Offizieren angesiedelt, wobei der Hintergrund der strategischen Befehlsgebung kaum in Personen der höheren Führung Gestalt annimmt und nur Zwischentitel das Notwendigste erläutern.

Die Seite des Feindes tritt ebenfalls in Erscheinung. Wenn, dann bereits in ausgewählten Begegnungen, sei es beim Gefangenenaustausch, beim Sterben Verwunderter oder der Erschießung der angeblichen Saboteure. Wenig sinnvoll empfand der Ausschuss die Hereinnahme der Soldatin Irina und deren gegen Ende peinlich wirkende Reflexionen über ihr Schicksal als verräterische Soldaten-Hure. Ansonsten bleibt der Feind eigentlich fern, unfassbar und bis auf das Schießen und den Nahkampf ohne erkennbare strategische Aktion.

Einen breiten Raum nahm in der Diskussion die Beurteilung von Dramaturgie und Gestaltungselementen ein. Es entstand der Eindruck eines opulent inszenierten Monumentalfilms, bei dem Pathos und eine das Kampfgeschehen stellenweise verherrlichende Bildästhetik nicht zu übersehen sind. Die sehr gezielt und mächtig zum Einsatz kommende Musik verstärkt eine theatralische Wirkung, die dem angestrebten Realismus vieler Szenen entgegensteht.

Der Film wird in seinem Gesamtablauf als uneinheitlich angesehen. Die erste Hälfte operiert mit drastischen und einem engen Realismus verfallenen Szenen, während der zweite Teil eher konstruiert und langatmig wirkt. Ganze szenische Blöcke wirken ohne ausreichende Übergänge, fast programmartig nebeneinander gestellt, was mitunter den Eindruck erweckt, als sei die Schlacht momentan vergessen.

Die Kameraarbeit, der eine beachtliche Sorgfalt im Detail bescheinigt werden kann, versperrt mit den zahlreichen Großaufnahmen die Sicht auf das Ganze und wirkt somit stellenweise kontraproduktiv. Es gibt vor allem im ersten Teil selten Orientierungen in größeren Raumzusammenhängen. Weniger Details hätten insgesamt eine bessere Wirkung erzielen können und vermieden, dass im Zuschauer bald ein Widerstand gegen die Fülle an drastischen Bildern entsteht. Andererseits fängt die Kamera auch Bilder des Kampfgeschehens wie auch von Kampfpausen ein, die in der Gefahr sind dekorativ zu wirken Dies gilt auch für manche von üppiger Pyrotechnik gezeichnete Einstellung.

Obwohl die Dialoge in diesem Film einen meist treffenden Landserjargon wiedergeben, wirken sie ganz allgemein überfrachtet und zu dicht. Es ist schwer vorstellbar, dass angesichts derartiger Ereignisse noch so viel und auch so originell geredet wird.

Der Film lässt erkennen, dass eine umfangreiche und akribische Recherche-Arbeit voranging und viel Sorgfalt auf die Rekonstruktion authentischer Details verwendet wurde. Ebenso gibt es eine beachtliche Anzahl von Szenen, in denen die regieliche Führung der Darsteller in der Gruppe überzeugte und bemerkenswerte Einzelleistung von gut ausgewählten Protagonisten.

Insgesamt leidet der Film jedoch daran, dass es ihm nicht ausreichend gelingt, die Soldaten differenziert und als Personen näherzubringen und andererseits wesentliche Züge des Kampfgeschehens und seiner Hintergründe verständlicher zu schildern. Es bleibt bei der Perspektive des geschundenen kleinen Mannes, was zweifellos auch zu würdigen ist, aber wohl nicht voll befriedigt. Letztlich verfestigt sich der Eindruck eines vordergründigen Schlachtengemäldes, das mit Elementen verrohender Kriegsgewalt sensationsbewusst operiert.