Sonntag Null

Filmplakat: Sonntag Null

FBW-Pressetext

Er liegt im Bett. Es ist Sonntag. Er könnte Rechnungen begleichen, die Post durchsehen, einen Spaziergang unternehmen. Doch er bleibt einfach liegen. Seine Frau auch. Im anderen Bett, mit einem anderen Mann. Also bestellt er seinen Traumdeuter zu sich und lässt sich Träume deuten. An diesem Sonntag, an dem er doch so viel machen könnte. Der Künstler Jochen Kuhn hat eine ganze Reihe von Filmen unter das Motto SONNTAG gestellt. Mit diesem Werk nun liefert er eine Art Prequel zu all den Ausflügen, die sein Protagonist später unternehmen wird. Denn dieser Mann hier ist lethargisch. Entsprechend auch die visuelle Gestaltung. Grau ist alles, trist, verwaschen. Selbst die Konturen der Figuren sind nicht immer eindeutig umrissen. Die Traumwelt wirkt surreal, die Zeichen sind nicht eindeutig zu lesen. Die ganze Szenerie wirkt wie der Querschnitt einer depressiven Seele, eines hoffnungslosen Wesens. Die Traurigkeit ist spürbar für den Betrachter, der monoton dahingesprochene Begleitmonolog tut sein übriges, um diese Stimmung zu verstärken. Wer Jochen Kuhns bisherige Sonntagsausflüge kennt, der freut sich, dass die Lethargie für den Helden bald ein Ende nehmen wird. Wer sie nicht kennt, der schafft sich die Basis für die weiteren „Abenteuer“. So oder so ist SONNTAG NULL eine mehr als gelungene und atmosphärisch stimmige Ergänzung der filmischen Reihe.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Jochen Kuhn
Drehbuch:Jochen Kuhn
Kamera:Jochen Kuhn
Schnitt:Olaf Meltzer
Musik:Jochen Kuhn
Länge:9 Minuten
Produktion: Jochen Kuhn
FSK:0
Förderer:FFA; BKM

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Hat sich Jochen Kuhns Protagonist in einer Reihe von filmischen Sonntagsausflügen endlich einmal aufgerafft, um zum Beispiel ins Kino zu gehen („Sonntag 2“), bleibt er in „Sonntag 0“ lieber im Bett und hängt seinen Träumen nach. In allen Schattierungen von Grau führt uns Kuhn diesmal anhand von Schwarzweiß-Malereien in die surrealen Traumwelten seines Flaneurs. Auf grob strukturierter Leinwand entwickelt sich eine vielschichtige Bildersprache von tiefgründiger lyrischer Dichte über Lust, Unlust und Verdruss. Wurden in „Sonntag 2“ durch kunstvolle Montagen und Übermalungen wunderschöne Lichteffekte und räumliche Tiefen betont, rückt nun in „Sonntag 0“ anhand von Wisch- und Montagetechniken vor allem eine traumwandlerische Langsamkeit aller Bewegungen und die Verschwommenheit und Transparenz der Bilder in den Vordergrund. Nachdem seine Freundin das gemeinsame Bett nach einem Telefonat verlassen hat, um mit einem Freund Essen zu gehen, wundert sich der grüblerische Mann mit dem schütteren Haupthaar, dass Sie im Nachbarzimmer einen weiteren Mann zurücklässt und fragt sich, wann es wohl angefangen habe, dass sie ihre Liebhaber mit nach Hause bringt. Langsam dreht und rollt der Protagonist sich immer tiefer in die Kissen und wendet sich in Zwiegesprächen der schemenhaften Gestalt an seinem Bett, seinem privaten Traumdeuter, zu.
Auch in dieser Sonntagsepisode verbindet Jochen Kuhn eindrucksvoll Malerei, Musik und Storyline zu einem Gesamtkunstwerk mit melancholischer, kafkaesker Grundstimmung, in der die luziden Traumbilder des Protagonisten mit der ihn umgebenden Welt verschwimmen.