Sieger sein

Filmplakat: Sieger sein

FBW-Pressetext

Der neue Film aus der Initiative „Der besondere Kinderfilm“ erzählt auf empowernde und mutmachende Weise von Mona, die mit ihrer Familie aus Syrien nach Deutschland gekommen ist und nun in der Fußballmannschaft ihrer Schule neu durchstartet. Ein wunderbar frisch-frecher Film, der die Diversität feiert und auf Augenhöhe der Zielgruppe erzählt.

Schule kann grundsätzlich nerven. Wenn man dann auch noch neu an einer Schule und überhaupt fremd in Deutschland ist, dann ist irgendwie alles nur noch frustrierend. Genau so geht es der elfjährigen Mona. Sie ist mit ihrer Familie aus Syrien geflohen und lebt sich nur schwer in der neuen Umgebung ein. Doch schon bald erkennt ihr Lehrer Chepovsky, den alle nur „Herr Che“ nennen, dass Mona wirklich gut Fußball spielen kann. Doch Mona will gar nicht mehr spielen. Zu traurig sind die Erinnerungen an Zuhause. Außerdem empfangen die Mitspielerinnen Mona nicht gerade mit offenen Armen. Ob Mona trotzdem wieder spielen wird? Herr Che zumindest lässt nichts unversucht….

Der Film von Soleen Yusef (Regie und Drehbuch) zeigt ab der ersten Minute unglaubliche Power. Die elfjährige Mona wird von Dileyla Agirman mit erfrischender Natürlichkeit verkörpert, irgendwo zwischen trotziger Verweigerung und einer großen Traurigkeit ob der vielen Erinnerungen an ein Zuhause, in das sie und ihre Familie nicht mehr zurückkehren können, weil der Krieg es ihnen genommen hat. Inszenierung, Ausstattung und die Dialogführung zeigen eine gewisse Berliner Rotzigkeit, die ungekünstelt daherkommt und einfach normale Menschen zeigt, die vielleicht einen etwas raueren Ton an den Tag legen, aber genau dadurch authentisch wirken, was auch für die Darstellung des Schulalltags in einer ganz normalen Schule im Berliner Stadtteil Wedding gilt. Dass aber der Film – genau wie die Menschen – das Herz am richtigen Fleck hat, zeigen die Szenen in Monas Familie, in der sich natürlich auch mal angeraunzt wird, aber am Ende immer alle zusammenhalten. Das Ensemble der Kinder- und Jugenddarstellenden harmoniert in seiner Diversität ganz großartig miteinander – überhaupt wird in SIEGER SEIN die kulturelle Diversität als ganz selbstverständlich gefeiert. Mit einem verständnisvollen Blick auch für die schwierigen Momente zeigt der Film den Alltag einer Geflüchtetenfamilie, die ihr Zuhause verlassen musste und sich in Deutschland als ihre neue Heimat integrieren wollen. Die erwachsenen Nebenrollen werden u.a. von Halima Ilter als Monas Mutter und Andreas Döhler als „Herr Che“ verkörpert – und genau wie bei der Regie spürt man auch bei ihrer Darstellung ein sehr gutes Gespür für die Zielgruppe. Die Erwachsenen reden auf Augenhöhe mit den Kindern, sie nehmen sie in die Verantwortung, sind für sie da und bestärken sie, nicht aufzugeben. Nur eine der enorm wichtigen und ermutigenden Botschaften, die SIEGER SEIN zu einem ganz besonderen, energiegeladenen, sympathischen und mitreißenden Film für die junge Zielgruppe machen.

Filminfos

Gattung:Spielfilm; Coming-of-Age; Kinder-/Jugendfilm
Regie:Soleen Yusef
Darsteller:Dileyla Agirman; Andreas Döhler; Sherine Ciara Merai; Samira Hamieh; Fatima Hamieh
Drehbuch:Soleen Yusef
Kamera:Stephan Burchardt
Schnitt:Marty Schenk
Musik:David Menke; Boris Rogowski
Webseite:dcmstories.com;
Jugend Filmjury:Lesen Sie auch, was die Jugend Filmjury zu diesem Film sagt...
Weblinks:kinofans.com;
Länge:119 Minuten
Kinostart:11.04.2024
Verleih:DCM
Produktion: DCM Pictures GmbH, Boje Buck Produktion GmbH; MDR; SWR; WDR;
FSK:6
Förderer:BKM; MBB; DFFF; MDM; KJDF

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Wie kann sich ein junges deutsches Kinopublikum in eine 11jährige Kurdin einfühlen, die mit ihrer Familie aus Syrien geflohen ist und nun an einer Grundschule im Berliner Wedding lernen muss, sich in der für sie völlig fremden neuen Umgebung zu behaupten? Die kurdisch/deutsche Regisseurin Soleen Yusef ist selber als Neunjährige mit ihrer Familie nach Deutschland gezogen und man kann spüren, dass sie bei SIEGER SEIN aus ihren eigenen Erfahrungen schöpft. Um das Fremdeln des überwiegend deutschen jungen Zielpublikums mit ihrer Protagonisten Mona von der ersten Einstellung an zu überwinden, lässt sie sie direkt in die Kamera sprechen. Und zwar in fehlerlosem Deutsch, obwohl sie sich tatsächlich nur in sehr gebrochenem Deutsch verständlich machen kann. Doch durch diese Durchbrechung der vierten Wand spricht sie die Zuschauer*innen persönlich an, und so sieht man die Welt mit ihren Augen. Man spürt Monas Wut darüber, dass sie in der Schulklasse ausgegrenzt wird, ihre Trauer darüber, dass sie ihre Heimat verlassen und ihre geliebte Tante verloren hat – aber auch die Stärke dieses jungen Mädchens, das besser Fußball spielen kann als die Jungs. Ihr Sportlehrer, den alle nur Herrn Che nennen, erkennt ihr Talent und fördert sie, sodass sie bald in der Mädchenmannschaft im Tor steht und der Film den bewährten Konventionen des Sportfilms folgt, denn die Mannschaft aus dem „armen Wedding“ ist der extreme Außenseiter beim alljährlichen Schulturnier im Hallenfußball und Mona hat noch nicht einmal Fußballschuhe. Natürlich kämpft ihre Mannschaft dann doch im Endspiel um den Pokal, aber das im Titel versprochene „Sieger sein“ wird hier viel tiefer und komplexer verstanden, denn während der sportliche Wettkampf für Spannung sorgt, wird auch davon erzählt, wie die Schülerinnen lernen, auch in der Schule solidarisch miteinander etwas zu erreichen. Weil Soleen Yusef von den chaotischen Zuständen an Schulen in weniger privilegierten Berliner Stadtteilen erzählen will und nebenbei auch noch ein paar Lektionen über die Vorzüge des demokratischen Systems in ihren Film eingeschmuggelt hat, ist dieser mit knapp zwei Stunden Laufzeit vielleicht ein wenig lang für einen Kinderfilm geworden. Aber dieses Manko wird dadurch wettgemacht, dass der Film extrem authentisch wirkt und mit einer coolen „street credibility“ erzählt wird, die nie bemüht oder anbiedernd wirkt. Soleen versucht den Rahmen eines Sportfilms so prall und energiegeladen wie möglich ausfüllen, und es gelingt ihr, alle Filmfiguren als komplexe und glaubwürdige Charaktere zu präsentieren. Dies ist besonders bei den Lehrern und Lehrerinnen bemerkenswert, denn in anderen Filmen für Kinder und Jugendliche sind die Erwachsenen meist inkompetent, autoritär oder lächerlich. Doch in SIEGER SEIN geht die Kamera auch ins Lehrerzimmer – und dort wird niemand als eine Karikatur gezeichnet. Im Gegenteil: Der Sportlehrer Herr Che ist einer der Helden des Films – er ist die Lehrkraft, die die Talente der Schüler*innen erkennen und sie inspirieren kann. Auch bei der Zeichnung der Familie von Mona verzichtet Soleen Yusef auf Klischees. Die stimmige Besetzung auch bei den Nebenrollen, die authentische Ausstattung, durch die der Film zum Teil wie eine Milieustudie wirkt, und das positive Lebensgefühl, dass er vermittelt, machen SIEGER SEIN zu einem außergewöhnlichen Kinder- und Jugendfilm – man kann auch sagen: zu einem wirklichen Sieger.