Salidas

Filmplakat: Salidas

FBW-Pressetext

Es ist an der Zeit, dass der Abschied kommt. Doch um den geliebten Menschen gehen zu lassen, muss zunächst noch ein Ritual ausgeübt werden. Und so steigt sie hinab in das Dunkle der Welt, hinab in den Schacht, in dem ihre Schritte laut hallen. Sie weiß, was nun zu tun ist. Denn nur der Tanz kann ihr dabei helfen, die Geister zu beschwören. Um das Tor in die Ewigkeit zu öffnen. Der neue Kurzfilm in der Regie von Michael Fetter Nathansky besticht nicht nur durch seine außergewöhnlichen Flamenco-Tänzerinnen (Anna Castillo, Christiane „La Mona“, Ñusta Kolter Irazoque, Gesang Ebla Sadek), die durch ihr phänomenales Können den Film erstrahlen lassen, sondern auch durch die einzigartige Kulisse in einem Schiffshebewerk. Die Kälte des Stahls, die Größe der Schrauben und Gewinde, die widerhallenden Geräusche der mechanischen Vorgänge – der Film zieht aus seiner Umgebung eine ungeheuer fesselnde Atmosphäre, die gleichzeitig bedrückt und berauscht. Die Kamera von Valentin Selmke und das Szenenbild von Jonathan Saal setzen die Kulisse mit exakten Kompositionen in Szene und verleihen jedem einzelnen Bild etwas Entrücktes und Erhabenes. Im Zusammenspiel aller überzeugenden Gewerke, darunter auch die Montage von Kai Eiermann sowie das Sound-Design von Lorenz Fischer, ist SALIDAS ganz großes Kurzfilmkino für alle Sinne.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Von Verstorbenen Abschied zu nehmen fällt nicht leicht. Vielleicht hat auch darum jede Kultur Riten und Zeremonien entwickelt, die mit ihren formalen Rahmen das Erleben des Verlusts erleichtern. In SALIDAS können Zuschauer einer ungewöhnlichen Variante der Charon-, bzw. Hades-Erzählung beiwohnen: Regisseur und Drehbuchautor Michael Fetter Nathansky hat ein altes Schiffshebewerk zur Bühne gewählt, auf der eine Flamenco-Tänzerin tanzend eine Verstorbene auf die vielbeschworene „andere Seite“ begleitet.

Das Dröhnen und Stampfen eines stählernen, werkhallenähnlichen Gebäudes begrüßt die Zuschauer. Eine junge Frau im blauen Overall fährt im Werksaufzug in den unteren Bereich des Baus, bewegt sich dann über den Boden des Stahlkolosses. Kleine Ticks scheinen ihren Körper zu durchlaufen. Eine Tote liegt am Boden. Ein alter Mann gibt mit seinen Händen einen Takt vor. Flamencotänzer beginnen ihren Tanz. Aus nur wenigen, anfangs eher skurril wirkenden Bildern entwickelt sich SALIDAS rasch zu einem poetischen Film über Abschied, Tod, Trauer und vielleicht auch Auferstehung.

In der Filmdiskussion zeigte sich die Jury von der Leichtigkeit berührt, mit der es SALIDAS gelingt, Schiffshebewerk, Flamenco und Totenkult zusammenzuführen. Nur wenige Momente befinden sich die Zuschauer auf einer falschen Fährte bevor sie die ästhetische Bedeutung von SALIDAS zu begreifen beginnen. So, wie die Laufbewegungen der Protagonistin in Tanz übergehen, so entwickelt, ja entfesselt, der Film langsam seine volle Tragweite.

Niemand aus den Reihen der Jurymitglieder hätte auch nur geahnt, dass ein wuchtiges Schiffshebewerk eine dermaßen passende Kulisse für einen wirklich filigranen Film abgeben könnte. Mit toller Kamera, exakten Schnitten, brillant gemischtem Ton und einer ausgezeichneten Beobachtungsgabe führt Fetter Nathansky sein Publikum durch ein genauso reduziertes, wie anmutiges Totenritual im Bauch eines Schiffshebewerks. Das Gefühl der Trauer ist bei alledem immanent vertreten, genauso aber auch eine Ahnung des Aufbruchs, den der Film letztlich mit dem sich herabsenkenden, gigantischen Schiffstrog einleitet und dem Ankommen der Toten im Licht der Oberseite des Werks vollendet.

So, wie er aus so unterschiedlichen Welten rührende Motive zusammenfügt, ist SALIDAS auch ein mutiger Film. Aus der sinnlichen Diskrepanz von Tod und Hebewerk schöpft er seine dramatische Stärke und läuft dennoch nie Gefahr, ins Klischierte oder gar Kitschige abzufallen. Auch der Cast, bzw. das Ensemble ist ein Glücksgriff. Mit dessen Ausstrahlung gelingt Fetter Nathansky ein würdevoller Film über Tod, Abschied und was auch immer danach folgen mag. Ein Film, den die Jury sehr gemocht hat und dem sie genauso gerne das Prädikat besonders wertvoll verleiht.