Porzellan

Filmplakat: Porzellan

FBW-Pressetext

Fina fährt mit ihrem Vater und ihrer älteren Schwester auf eine abgelegene Insel zu einem traditionellen Polterabend. Das Porzellan stapelt sich in den Körben und wartet nur darauf, auf den großen Backsteinen vor der Scheune zerschlagen zu werden. Doch einen ganz bestimmten Teller hält Fina fest an sich gedrückt. Denn wenn sie ihn loslässt, dann glaubt sie damit auch die Person zu verraten, die an diesem Tag nicht bei ihnen ist und die Fina so sehr vermisst. In dem 15-minütigen Kurzfilm in der Regie von Annika Birgel nimmt die exzellente Kamera von Lydia Richter konsequent die Perspektive der 10-jährigen Protagonistin Fina ein. So kann man dank einer Montage mit exzellentem Timing, auch ohne große Dialoge oder einer stringenten Handlung, sehr gut nachvollziehen, wie es in dem kleinen Mädchen aussieht, das augenscheinlich einen großen Verlust verarbeiten muss. Nell Marie Haack spielt Fina mit eindrücklicher Ernsthaftigkeit, Die Inszenierung konzentriert sich auf die Repräsentanz von Frauen im Heute und im Damals: Die Braut, die gezwungen wird, Alkohol zu trinken, auch wenn sie nicht will; vergilbte Fotos von ernsthaft dreinblickenden Frauen mit Blumensträußen in der Hand, kreischende Mädchen, die von Jungs über den Strand gejagt werden. PORZELLAN erzählt mit inszenatorischer Reife eine kleine Geschichte mit großer Dimension.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kurzfilm
Regie:Annika Birgel
Darsteller:Nell Marie Haack; Liv Heleen Haack; Niklas Leifert
Drehbuch:Annika Birgel; Rudolf Fitzgerald Leonard
Kamera:Lydia Richter
Schnitt:Rudolf Fitzgerald Leonard
Musik:Sam Bower; Marie Claire Schlameus
Webseite:problemkindfilm.com;
Länge:15 Minuten
Verleih:interfilm Berlin Short Film Sales & Distribution
Produktion: Problemkind Filmproduktion GbR Annika Birgel, Rudolf Fitzgerald Leonhard;
FSK:12
Förderer:BKM; KJDF; MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Fina reist mit ihrer Schwester und ihrem Vater auf eine Hallig, um an einem traditionellen Polterabend teilzunehmen. Auf dieser abgelegenen Insel kommen die Dorfbewohner:innen zusammen, um zu feiern. Doch während die Erwachsenen sich dem Rausch des Festes hingeben, hadert Fina mit ihrer Sehnsucht nach einer weiblichen Bezugsperson. Enttäuscht wartet sie auf ihre Mutter, die aber nicht kommen wird.
Der Kurzfilm PORZELLAN von Regisseurin Annika Birgel entfaltet eine zarte und zeitlose Reflexion über das Aufwachsen junger Mädchen in einer von patriarchalen Strukturen geprägten Gesellschaft. Die Geschichte folgt dabei der subjektiven Perspektive des Mädchens Fina, während an den Rändern die Sichtweisen der Erwachsenen spürbar werden. Diese narrative und visuelle Struktur schafft eine generationenübergreifende Ansprache und adressiert sowohl Kinder als auch Erwachsene.
Die erzählerische Qualität von PORZELLAN wird durch die handwerklich perfekte Umsetzung unterstrichen. Die zeitlose Ästhetik des Films – das Szenenbild, z.B. mit der Collage aus Fotos, die an eine Ahnengalerie erinnert, bis hin zur herausragenden Kameraarbeit und dem fein abgestimmten Kostümbild – erzeugt Bilder in Kinoqualität. Die fast dialoglosen Szenen und die starke visuelle Erzählung verstärken die emotionale Tiefe des Films. Porzellan, das titelgebende Motiv, wird dabei zum Sinnbild für das Kaputtgehen der eigenen Familie und für die Fragilität zwischenmenschlicher Beziehungen.
Besonders hervorzuheben ist die Darstellung der unterschiedlichen Kinder-Charaktere, die authentisch und fein nuanciert gespielt werden. Trotz der scheinbar kleinen Geschichte entfaltet der Film eine größere Dimension mit allgemeiner Relevanz. Am Ende unterstützen sich die beiden Schwestern gegenseitig und schaffen es so, den emotionalen Abend doch noch zu einem guten Ende zu bringen.
PORZELLAN ist ein bewegender Kurzfilm, der mit seiner subtilen Art einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Die Jury vergibt einstimmig das Prädikat "besonders wertvoll".