Mad Mieter
FBW-Pressetext
Die Gottesanbeterin lebt für sich allein. Zurückgezogen, in ihrer eigenen kleinen Welt. Dann betritt jemand diese Welt. Unangekündigt, auf der Suche nach Kontakt. Doch die Gottesanbeterin will keinen Kontakt. Und weiß diesen zu unterbinden. Der 6-minütige Kurzexperimentalfilm in der Regie von Marc Weis und Martin De Mattia beginnt schon visuell mit einem absoluten Hingucker. Denn das Platzieren einer echten Gottesanbeterin im Kontext eines im Stil einer Puppenstube in Szene gesetzten Eigenheims ist ein Anblick, der definitiv im Gedächtnis bleibt. Dank einer phänomenalen Sound-Ebene und eines perfekt getimten Ton- und Bildschnitts entsteht eine „Spiel“-Situation, die an Horrorfilme erinnert und so viel Atmosphäre schafft, dass man sich als Zuschauer*in der Faszination des Szenarios nicht entziehen kann. Ein beeindruckendes und höchst originelles Spiel mit Genres und filmischen Formen.Filminfos
Gattung: | Experimentalfilm; Kurzfilm; Fiction |
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Regie: | Marc Weis; Martin De Mattia |
Drehbuch: | Marc Weis; Martin De Mattia |
Kamera: | Sebastian Cramer |
Schnitt: | Florian Duffe |
Musik: | Moritz Eggert |
Länge: | 6 Minuten |
Produktion: | M+M / Marc Weis / Martin De Mattia |
Jury-Begründung
Was für eine einfache und dennoch wirkungsvolle Idee: In dem experimentellen Kurzfilm MAD MIETER des Regiekollektivs M + M (Marc Weis und Martin De Mattia) werden echte Fangschrecken (auch „Gottesanbeterinnen“ genannt) in die Miniaturnachbildung einer bürgerlichen Wohnung gesetzt und agieren dort, wie die Tiere dies eben tun. Der Film endet mit der Tötung und Verspeisung des Männchens - und wird damit zu einem echten (Tier)Horrorthriller mit überaus echtem Grusel und surrealistischem Duktus.Für die Ausgangssituation stand Roman Polanskis Film DER MIETER Pate und wenn man dies bedenkt, dann gewinnt der Film zusätzlich an Kontext, überraschenden Querverbindungen und Bedeutung und lässt das Publikum mit der Frage zurück, was Mensch und Tier im tiefsten Inneren unterscheidet – falls es da überhaupt etwas gibt.
Durch die Wahl der tierischen Darsteller*innen, die in eigentümlicher Weise direkt mit ihrer fremden Umgebung zu agieren scheinen, unterläuft der Film geschickt die Regeln und Grenzen des selbstgewählten Genres, spielt mit ihnen, um sie dann immer wieder zu überwinden und so herauszuarbeiten. Unterstützt von einer genialen 3D-Kameraarbeit, die den Tieren sehr nahe kommt, und einer ergänzenden Tonspur, streift der Film Themen von großer Gegenwärtigkeit, die gerade jetzt in Corona-Zeiten noch einmal eine neue Dringlichkeit bekommen haben. Das Gefühl des Eingesperrtseins, häusliche Gewalt, Isolation und Unsicherheiten im Umgang miteinander – all dies kann man durch das Interagieren der Tiere entdecken und noch einmal auf neue und aufregende Weise reflektieren. Und all das macht ihn zu einem ebenso imposanten wie wichtigen Film, der einem die Welt mit buchstäblich anderen Augen sehen lässt.