Land der Berge

Filmplakat: Land der Berge

FBW-Pressetext

Vladimir wünscht sich nichts mehr, als seiner Tochter Marina ein schönes Zuhause bieten zu können. Doch der Serbe, der nach Österreich ausgewandert ist und noch immer keinen Aufenthaltstitel erhalten hat, kann sich nur mit Schwarzarbeit etwas verdienen. Um wirklich bleiben zu können, so sagt das Amt, braucht Vladimir einen gewissen Kontostand. Und um wirklich arbeiten zu können, braucht Vladimir Papiere. Ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gibt. Oder vielleicht doch? Der Kurzspielfilm in der Regie von Olga Kosanovic erzählt eine Geschichte, die in Bezug auf die Problematik vieler Asylsuchender vielleicht nicht zwingend neu und originell erscheint. Doch die Drastik und Lakonie, mit der Kosanovic erzählt und inszeniert, ist ein seltener filmischer Geniestreich. Mit dem Mut der Verzweiflung unternimmt Vladimir – großartig gespielt von Vladimir Vulevic – alles, um an Geld zu kommen. Dass sich dabei ein reicher Bekannter, der Vladimir seinen Ferrari putzen lässt, wie ein Wurm windet, als dieser ihn um Geld bittet, ihm dafür aber eine Kneipenbesitzerin, die selbst nicht auf Rosen gebettet scheint, wortlos einen Umschlag gibt, ist nur einer der schwarzhumorigen und klug platzierten Hinweise auf gesellschaftliche Realitäten unserer Zeit. Das Zusammenspiel von Vulevic und Filipa Gregec als Marina lässt neben all der stillen Tragik auch Raum für ein liebevolles Miteinander, das die Fallhöhe für den Vater, der versucht, dieses kleine Stückchen Glück zu retten, nur größer macht. Die Mischung aus einem unaufgeregten, fast dokumentarischen Erzählen, einer ruhigen Kamera, die einzelne Bilder lange stehen lässt, und einem bedrückend-offenen Schluss, der noch einmal die verzweifelte Ausweglosigkeit Vladimirs vor Augen führt, macht LAND DER BERGE zu einem wichtigen filmischen Beitrag zu einer gesellschaftlich relevanten Diskussion. Und einem wirklich großartigen Film.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Weil es ihm nicht gelingt, für sich und seine Tochter die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen, befürchtet der aus Serbien gebürtige Vladimir, drastische Mittel ergreifen zu müssen. Denn aus dem Dilemma, das ihm auf dem Amt in sachlicher Behördensprache vermittelt wird, kommt er anders nicht raus: Er muss mindestens 8000 Euro nachweisen, darf aber eigentlich gar nicht legal arbeiten, weil er ja noch keine Staatsbürgerschaft besitzt. Er muss dieses Geld dringend aufbringen, sonst wird er ausgewiesen. So übernimmt er alle Jobs, die zu haben sind. Doch der Lohn reicht bei weitem nicht. Eine Kneipenbesitzerin leiht ihm Geld, ohne dass er sie darum bittet. Der reiche Ferrari-Fahrer, in dessen Garten er arbeitet, lehnt es ab, ihm auszuhelfen. Am Ende steht er wieder da, entschlossen, bis zum Äußersten zu gehen.

In seiner Auseinandersetzung mit dem Thema Migration in Österreich wählt LAND DER BERGE eine besonders kuriose, ja absurde Konstellation und erzählt diese auf lakonische Art und Weise. Dazu tragen die nüchtern gehaltene Kameraführung und die mit gezielten Akzenten operierende Montage wesentlich bei. Als beispielhaft sei folgende Stelle im Film angeführt: der Szenenwechsel von Rauschen des Meeres auf dem Smartphone des Jungen, mit dem sich die Tochter trifft, hin zum Rauschen des Verkehrs auf der Straße, an der Vladimir darauf wartet, dass er für Jobs aller Art mitgenommen wird.

Bezeichnend für den überzeugend satirischen Ton des Films ist bereits die erste Szene, in der Vladimir mit bürokratischer Präzision erklärt bekommt, welche menschlichen Gliedmaße mit welcher Summe versichert sei.
In seiner Darstellung der vorhandenen und fehlenden Hilfsbereitschaft der Menschen spart der Film nicht mit Stereotypen. So protzt der Ferrari-Besitzer mit seinem teuren Gefährt in der Garage, kann aber keine 8000 Euro locker machen. Die Kneipenbesitzerin nimmt, ohne zu fackeln, ein paar Hunderter aus der Kasse. Dennoch geht der Film nicht nur mit Schwarzweißmalerei vor. So ist der Leiter der Baustelle, auf der Vladimir Malerarbeiten übernimmt, wirklich bemüht, ihm zu helfen. Doch auch er ist an gewisse Regeln gebunden und muss Vladimir wieder und wieder bei seiner Bitte um mehr Arbeit vertrösten.
Die Jury war sich nach einer ausführlichen Diskussion einig, dass der Film das Prädikat „Besonders Wertvoll“ mehr als verdient.