Krieg und Frieden

Filmplakat: Krieg und Frieden

Kurzbeschreibung

Gemeinschaftswerk mehrerer Regisseure, die - stilistisch, thematisch und qualitativ unterschiedlich - mit dokumentarischen und fiktiven Mitteln auf die Gefährdung des Friedens in aller Welt aufmerksam machen wollen.
Prädikat besonders wertvoll

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Film erhielt nach eingehender, zum Teil kontroverser Diskussion das höchste Prädikat mit 3:1 Stimmen.
Dieser Gemeinschaftsfilm mehrerer Autoren ist ein um "Klartext" bemühter Lehr- und Aufklärungsfilm über das Thema "Krieg und Frieden". Angesichts des heutigen Vernichtungspotentials heißt "Krieg": Nichtmehrsein. Ein Film also über "Sein und Nichtsein". Das Thema ist brisant und lebenswichtig. Es durchdringt die Diskussion aller Parteien, Nationen und Machtblöcke, ist Gegenstand bei den Verhandlungen der Mächtigen. Angesichts des jederzeit möglichen "Overkills" stehen Ost und West vor den gleichen Überlebensfragen und in der gleichen Angst vor dem Einsatz des Waffenpotentials.
Die verschiedenen Autoren nähern sich dem Thema von verschiedenen Seiten, mit unterschiedlichen Stilmitteln. Nach Art eines Mosaiks werden sehr heterogene Materialen zusammengefügt: Impressionen aus Deutschland, Ausschnitte aus alten Spielfilmen, Dokumentarberichten, Fernsehsendungen, Wochenschauen. Dazwischen: fiktive Spielsequenzen, Trickteile, Zwischentitel, Kommentare. Eine wichtige Rolle spielt die Musik. Sie hat den Charakter der Trauer, des Untergangs, den Gestus eines Requiems.
Der Film will auf direkte Weise aussprechen, wovon die Politiker und Militärs nur abstrakt reden und wovon die Medien zu harmlos oder nur verschleiert berichten, um ja niemanden zu ängstigen. Vorstellbar ist das Ausmaß der Vernichtung im Ernstfall ohnehin nicht mehr. Es entzieht sich damit auch der Darstellung, wird der ausmalenden Fantasie überantwortet, gewinnt absurde Züge. Genau an solchen Stellen sind fiktive Szenen des "Endspiels" in den Fluss des dokumentarischen Materials eingefügt.
Die Filmemacher haben eine immense Fülle dokumentarischen Materials aus Ost und West erschlossen. gezeigt werden Machtdemonstrationen, die selbstsicheren Behauptungen, die Dinge unter Kontrolle zu haben. Gezeigt wird das Kalkül mit der Angst des jeweils schwächer oder langsamer Zuschlagenden. Gezeigt wird auch die Diskrepanz zwischen den offiziellen Reden der Machthaber und dem tatsächlich bereitstehenden Vernichtungspotential, dessen Einsatz den Overkill auslösen kann. Der Film zeigt auch die Diskrepanz zwischen denen, die den Einsatz gebieten und denen, die im Ernstfall die Auswirkungen zu erleiden haben. Ängste der Betroffenen werden sichtbar in Protestmärschen, Kundgebungen, Diskussionen. Aus dieser Sicht ist manches bewusst provokant, parteiisch, sarkastisch und verletzend gesagt oder gezeigt oder montiert.
Der Bewertungsausschuss war sich darüber einig, dass die thematische Brisanz und Aktualität des Films außer Frage steht und anzuerkennen ist. Kontroverse Meinungen gab es bei der Bewertung der filmästhetischen Mittel. Ist es dem Film gelungen, sein Thema überzeugend zu vermitteln? Die überstimmte Minderheit des Bewertungsausschusses konnte keine konsequenten gestalterischen Prinzipien erkennen. Die Fülle des stilistisch ganz heterogenen Materials sei ebenso verwirrend wie die letzlich recht beliebig erscheinende Montage. Der Gesamteindruck sei verwirrend, lähme die Aufmerksamkeit des Betrachters und stehe so im eklatanten Widerspruch zur intendierten Wirkung. Die Aufbereitung des Materials sei ausgesprochen intellektualistisch, zu überzogen und überfordere das Rezeptionsvermögen des breiten Publikums, das aber doch gerade erreicht werden solle.
Im Gegensatz hierzu war die Mehrheit des Bewertungsausschusses der Ansicht, dass der Film trotz seines heterogenen Inhalts und seiner heterogenen Stilmittel konsequent und überzeugend gestaltet sei: Die Einzelteile dieses Mosaiks ergänzen sich und verweisen aufeinander. Sie folgen einem fast musikalischen Rhythmus von Themenaufstellung, Variation und Durchführung. Dadurch werde das angesprochene Thema "Sein oder Nichtsein" in seiner ganzen Verzweigtheit und Vielfalt abgehandelt und durch Variationen, wie durch kontrapunktisch eingesetzte Sequenzen vertieft und differenziert. Der Film entwickelt sich in einer Bildersprache, die hohe Ansprüche an die Fantasie und Assoziationskraft der Betrachter stelle und sich der simplen Konsumierbarkeit entzieht. Auch wenn die bemängelten Überpointierungen und Längen in einzelnen Sequenzen nicht abgestritten werden können, so trifft der Film insgesamt doch durch die Fülle seines eindringlich variierten Materials auf Erfahrung und aktuelle Diskussion, die dem spotanen Verständnis hilfreich vorarbeiten: Die Wirkung auf Zuschauer unterschiedlicher Voraussetzung seien nicht voraussagbar. Der Film sei in der Brisanz seiner Thematik, in der Vielfalt seines Materials und in der gestalterischen Durchdringung dieses Materials so außergewöhnlich, dass er die Erteilung des höchsten Prädikats rechtfertige.

Hans Joachim Schaefer, Theo Fürstenau, Hans Dieter Müller, Wolfgang Pfalzgraff