Kokon

Kinostart: 13.08.20
2020
Filmplakat: Kokon

FBW-Pressetext

KOKON von Leonie Krippendorff erzählt die Geschichte der 14-jährigen Nora, die sich in einem heißen Sommer in Berlin das erste Mal richtig verliebt. Und während des langsamen Erwachsenwerdens auch sich selbst besser kennenlernt.

Es ist Sommer in Berlin. In einer schwitzenden Stadt vertreiben sich Nora, ihre ältere Schwester Jule und deren beste Freundin Aylin die Zeit mit kalten Getränken, Partys mit den Jungs und dem abkühlenden Nass im Schwimmbad. Doch für die 14-jährige Nora ist in diesem Sommer alles anders. Denn sie bekommt nicht nur ihre Periode zum allerersten Mal. Es ist auch der Sommer, in dem sie sich in Gesellschaft ihrer großen Schwester und deren Freunden oftmals fehl am Platz fühlt. Und in dem sie Roxy trifft und sich Hals über Kopf verliebt – auch das zum allerersten Mal. Mit KOKON, ihrer zweiten Regiearbeit, stellt die Filmemacherin Leonie Krippendorff ein großes inszenatorisches Einfühlungsvermögen unter Beweis. Das junge Ensemble, allen voran Lena Urzendowsky als Nora, Lena Klenke als ihre ältere Schwester und Jella Haase als unberechenbare Romy, agiert mit einer so großen Natürlichkeit und Nähe zu der exzellenten Kamera von Martin Neumeyer, dass beim Zuschauen ein fast dokumentarischer Eindruck entsteht. Die Dialoge, die oftmals auch von rauer Härte und Knappheit dominiert sind, wirken ebenso authentisch wie die großstädtische Umgebung, in der sich Nora und Jule bewegen und, auch das stellt der Film heraus, aufgrund abwesender Erziehenden im Grunde für sich selbst verantwortlich sind. Mit einem beeindruckenden Spiel, in dem sich zarte Fragilität mit einer großen Präsenz mischt, stellt Lena Urzendowsky Nora als Mädchen dar, das erst zu sich selbst finden muss, um dann wie ein Schmetterling aus seinem Kokon zu schlüpfen. Und im Zusammenspiel beweist Jella Haase einmal wieder, dass sie zu den aufregendsten Darstellerinnen momentan gehört, denn ihr entwaffnend lebensbejahendes und leicht chaotisches Auftreten lässt keinen Zweifel an der Faszination, die sie auf Nora ausübt. Ein passend gewählter Soundtrack, ein rastloses und hitzeflirrendes Berlin-Setting und ein kluges Drehbuch machen KOKON zu einem ganz besonderen Beitrag des deutschen Nachwuchskinos: Ein starker Film über das Erwachsenwerden und mit großer Zärtlichkeit für seine Figuren und ihre Konflikte.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Leonie Krippendorff
Darsteller:Lena Urzendowsky; Jella Haase; Lena Klenke; Elina Vildanova
Drehbuch:Leonie Krippendorff
Kamera:Martin Neumeyer
Schnitt:Emma Alice Gräf
Musik:Maya Postepski
Länge:95 Minuten
Kinostart:13.08.2020
Verleih:Salzgeber
Produktion: Jost Hering Filme, AMARD BIRD Films; ZDF;
FSK:12
Förderer:MBB; DFFF; KJDF

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Leonie Krippendorffs Film erzählt eine Coming-of-Age-Geschichte in einem sommerlichen Berlin der Gegenwart. Im Zentrum steht die 14-jährige Nora, die mit ihrer älteren Schwester Jule und einer offenbar alkoholkranken Mutter am Kottbusser Damm in Kreuzberg aufwächst. Zuerst bewegt sich Jule noch ganz im Schlepptau der bewunderten Schwester und deren Freundin, die wiederum selbst wie gefangen sind von den sozialen Medien, die sie Tag und Nacht benutzen. Dann lernt Nora die etwas ältere Romy kennen, verliebt sich in sie und lernt dabei, zu ihrer Sexualität zu stehen.

Krippendorffs Film ist eine charmante, sehr authentisch wirkende und zugleich einfühlsame Milieustudie. Die jungen Schauspielerinnen sind allesamt sehr überzeugend, die Sprache, die ihnen das Drehbuch in den Mund legt, ist angenehm ungekünstelt und echt. Zugleich gelingt es der Regisseurin, mit ihren Teenagern nicht nur "Typen" zu markieren, wie etwa das Girlie, die Eitle, die Taffe, der Macker usw., sondern sie stattet sämtliche Charaktere mit Zwischentönen und Vieldeutigkeiten aus. Dazu behandelt sie die körperlichen Aspekte der Transformation in der Pubertät sowohl äußerst dezent als auch angenehm offen und direkt. Und nicht zuletzt verleiht die Berliner Sommerstimmung zwischen Freibadbesuchen und heißen Asphaltnächten dem Film eine eigene, der Sentimentalität des Stoffes angenehm entgegengesetzte Atmosphäre.