Kirgisische Mitgift

Kinostart: 01.11.08
2006
Filmplakat: Kirgisische Mitgift

FBW-Pressetext

Eine binationale Liebe mit vielerlei Hindernissen. Mit der französischen Freundin reisen auch die Zuschauer von Paris in das ferne Kirgisien und begegnen einer fremden Kultur. Seiner Rolle als Mittelsmann ist der im Westen studierende Bräutigam nicht gewachsen. Er verschweigt sogar anfangs seine enge Verbindung, so entstehen jede Menge Konflikte. Das ist urkomisch, traurig, abenteuerlich und märchenhaft zugleich. Und es gibt einen Dorfbriefträger, der Marcuse zitiert.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Kategorie:Arthouse
Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Nurbek Egen
Darsteller:Natacha Régnier; Bolot Tentimischow; Tynara Abdrasajewa
Drehbuch:Nurbek Egen
Weblinks:;
Länge:104 Minuten
Kinostart:01.11.2008
Verleih:Second Order Film
Produktion: Christoph Thoke, Christoph, Mogador Film
FSK:12
Förderer:Filmstiftung NRW

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Eine binationale Liebe mit vielen Hindernissen. Mit der französischen Freundin reisen auch die Zuschauer von Paris in das ferne Kirgisien, und mit ihr sehen sie diese fremde Welt, in der ihr Freund sich plötzlich ganz anders verhält. So bekommt ein westliches Publikum, für das der Film ja eindeutig gedreht wurde, einen direkten Zugang zu dem für unsere Augen exotischen Land, und diese Perspektive entschuldigt auch, dass die junge Französin manchmal ein wenig zu blauäugig wirkt. Ihr muss alles erklärt und gezeigt werden, und dadurch, dass vor ihr der Grundkonflikt geheim gehalten wird, entstehen Spannungen, Missverständnisse, komische und dramatische Situationen.

Dem Filmemacher gelingt es so, ein erstaunlich komplexes Bild der traditionellen Gemeinschaft zu zeichnen, die durch den Einbruch der westlichen Moderne ursächlich erschüttert wird. Jeder der beiden Liebenden hat eine (kulturell) je eigene Hochzeitstruhe, in der sich auch allerlei Traditionen und Konventionen befinden.

Der in Paris studierende Kirgise Aidar ist der Rolle des Mittelsmannes zwischen den beiden Welten eindeutig nicht gewachsen, und so ist er die widersprüchlichste Filmfigur. Seine Gegenpole sind zum einen der wunderbar tragikomisch gezeichnete Postmann, der Marcuse gelesen (und verstanden) hat und zum Schluss so weise ist, Aidar nur symbolisch zu töten. Zum anderen ist da der kleine Junge, der Isabelle mit jenem reinen Herzen liebt, das Aidar nicht (mehr?) hat, weil er keine mystische Gestalt wie sein gleichnamiger Vorfahre ist.

Regisseur Nurbek Egen spielt geschickt mit den Mythen der Kulturen - nicht nur, wenn er in den eingefärbten Traumvisionen das alte kirgisische Reitervolk heraufbeschwört, sondern auch, wenn Isabelle die Kinder vor den Schlägen der Postboten beschützt, und dabei in kämpferischer Pose zur revolutionären Marianne wird.

Der Film stellt natürlich die Exotik der Kirgisen aus, führt sie dabei aber nicht vor und denunziert auch niemanden. Der Postbote hat ja recht, wenn er verbittert darüber ist, wie seine Kultur durch die Globalisierung bedroht wird. Aidars Eltern sind keine verknöcherten Traditionalisten, sondern ein in der Tradition ruhendes Paar, das Aidar offensichtlich liebt und das Beste für ihn will.

Geschickt gewählt ist auch das offene Schlussbild von der Pariser Steinwüste. „Kirgisische Mitgift“ funktioniert als ein romantisch exotischer Unterhaltungsfilm, in den eine Meditation über die Bedrohung traditioneller Kulturen durch die Modernisierung einbezogen wurde. Beide Ebenen versperren sich gegenseitig nie die Sicht, stattdessen befruchten sie einander.