Filmplakat: Joy

FBW-Pressetext

Joy ist seit Wochen auf sich allein gestellt. Ihre Mutter hat sich aus dem Staub gemacht, mit irgendeinem Kerl, ohne für Joy Geld dazulassen. Jetzt ist sie wieder da und hat sich den nächsten Mann angelacht. Als Joys Mutter den Kerl mitten in der Nacht vor die Tür setzt, ist Joy erleichtert. Denn eigentlich sehnt sich Joy nach nichts mehr als danach, ihre Mutter für sich haben zu können. Doch dann passiert etwas, was in Joy diese Illusion zerstört. Und an deren Stelle rasende Wut treten lässt: Die Regiestudentin Abini Gold hat mit JOY einen Film gedreht, der mit wenigen Dialogen eine eindrucks- und kraftvolle Geschichte erzählt, die den Zuschauer zum Schluss atemlos zurücklässt. Die Eskalation der Situation wird durch die fantastische Nachwuchsdarstellerin Sarah Marita so eindrücklich dargestellt, dass man sich wie eins mit der Protagonistin fühlt. Unterstützt wird dieser Eindruck von einer Kamera, die originelle Bildausschnitte wählt und die Figur in all ihren Ambivalenzen und Facetten abbildet. Mal ist Joy rotzig und frech, fast schon eine Frau. Mal ist sie verletzlich, fast noch kindlich. Zusammen mit einem schockierenden Ende bildet diese Komplexität einen Spannungsbogen, der dicht und einfühlsam erzählt ist. Eine kleine und doch große Geschichte, perfekt inszeniert in nur 15 Minuten.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kurzfilm
Regie:Abini Gold
Darsteller:Sarah Mahita; Anne von Keller; Manuel Flach
Drehbuch:Abini Gold
Kamera:Marvin Schatz
Schnitt:Daniela Schramm Moura
Musik:Chiara Strickland; Martin Pohl
Länge:15 Minuten
Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg GmbH
Förderer:Filmakademie Baden-Württemberg

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein Mädchen eilt durch einen Supermarkt. Die Kamera folgt ihr. Das Mädchen schaut sich um. Mit einem Mal tut es das, was vermutlich jeder Zuschauer bereits geahnt hat: sie klaut. Beinahe linkisch greift sie zu irgendeiner Kleinigkeit und hastet damit durch die Kassenreihen. Eine Zeit lang lässt Abini Golds Kurzfilm seine Zuschauer im Unklaren. Eine professionelle Diebin ist das Mädchen sicherlich nicht. Zeigt JOY die Geschichte einer Schulschwänzerin? Ist der Diebstahl eine Mutprobe? Will das Mädchen sich bei Freunden beliebt machen? Weit gefehlt. Die Auflösung ist weitaus dramatischer.

Vor drei Wochen hat sich Martina, Joys alleinerziehende Mutter, aus dem Staub gemacht und ihre pubertierende Tochter ohne Geld und Lebensmittel zurück gelassen. Anstatt Hilfe zu suchen, versucht Joy ganz alleine mit der Situation klar zu kommen. In der Filmdiskussion lobte die Jury die gelungene Realisierung des Projekts. Ob Dramaturgie, Licht, Grading, Score, Stimmung: Abini Golds Projekt wirkt stimmig. Besonders begeistert hat die Jury allerdings der ausgezeichnete Cast, allen voran die Darstellerin der Joy, Sara Mahita. Mal pubertär und rotzfrech, mal dünnhäutig und ungeschützt hat ihr die Jury jede Sekunde ihres Spiels abgenommen.

Als Martina eines Nachts wieder auftaucht, hätte sich Joy nur allzu gerne gefreut. Ihre Mutter hat jedoch irgendeinen Typen bei sich, der es sich in der Wohnung bequem macht und sich wie ein Keil zwischen Mutter und Tochter zu schieben droht. Abini Golds Film ist sehr konkret, die Kamera dicht an Joy. Die Gefühle liegen blank. Ganz offensichtlich zieht Joys Mutter diesen One-Night-Stand ihrer Tochter vor. In eindringlichen Szenen erzählt Abini Gold die Geschichte von Verletzungen, Verletzlichkeiten und von unauflösbar scheinenden Abhängigkeiten. Joy braucht ihre Mutter. Die Mutter dagegen will einen Mann und endlich nicht mehr alleine sein. Aber der nächstbeste Kerl, dem sie sich an den Hals wirft, hat an Familienleben kein Interesse. Ein „Circulus vitiosus“, ein Teufelskreis, wie es so schön heißt, den die Jury schon häufiger auf der Leinwand gesehen hat. Selten aber hat eine Verfilmung so authentisch gewirkt wie JOY. Mit nur wenigen, stimmigen Dialogen, stets exakt getimt, hervorragend gefilmt und in ausgezeichnetem Erzählrhythmus erzählt, ist JOY ein Kammerspiel, das seinesgleichen sucht.

Als der One-Night-Stand der Mutter die Wohnung verläss,t ist das Zweiergestirn aus Mutter und Tochter jedoch nicht gerettet. So einfach lösen sich Abhängigkeiten nicht, weder im richtigen Leben noch in diesem ausgezeichneten Drama. In den Augen der Jury ist JOY die hervorragende Verfilmung eines gesellschaftlich sehr relevanten Themas. Spannend, authentisch, sensibel, und mit einem echten Knalleffekt zum Schluss.