Instant Life

Filmplakat: Instant Life

FBW-Pressetext

Am Anfang sind Kristalle zu sehen. Sie dominieren das Bild, ihre fast surreale gestalterische Schönheit faszinierend. Dann sieht man Zeichen der Zivilisation. Eine Hand, ein Haus, ein Müllcontainer. Und zum Schluss der Mensch, der sich durch den Schlamm wühlt. Die Filmschaffenden Anja Dornieden, Juan David González Monroy und Andrew Kim haben mit INSTANT LIFE etwas Außergewöhnliches geschaffen: Sie rekonstruieren einen Film aus dem Jahr 1981, der wiederum eine Rekonstruktion eines Films aus dem Jahr 1941 war. Das Original gibt es nicht mehr, doch der Film von 1981 ist erhalten. Alle drei Produktionen eint die Prämisse, die vorangestellt ist: Der Film selbst soll ein Rätsel sein. Ein Rätsel, das nicht zu lösen ist. Die Filmemacher:innen dekonstruieren nicht nur geschickt filmisches Erzählen und Rezipieren gleichzeitig. Es gelingt ihnen, auch dank eines klug getimten Rhythmus eine fast transzendente Ruhe zu erzeugen, der man sich gerne hingibt. Das ist filmisches Experimentieren auf einem neuen, faszinierenden Level.
Prädikat wertvoll

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Im positiven Sinne ist dem Film INSTANT LIFE schwer beizukommen. Schon die vorangestellte Behauptung, ein Remake eines 1941 noch als Stummfilm gedrehten, gleichnamigen Films zu sein, der bereits 1981 schon einmal als Remake widerholt worden war, ist wohl rätselhafte Fiktion und damit Teil des Rätsels, das der Film offiziell sein will: Denn in INSTANT LIFE wird explizit die „Wer oder was bin ich?“-Frage gestellt, zu denen die Bilder helfen sollen, eine Antwort zu finden. Und das aporetische Experiment für die Zuschauenden, das uns sofort zwingt, die Informationen, die wir im Film bekommen, logisch zu ordnen, glückt vollständig. Denn obwohl der Film von Anfang an zugibt, dass es keine Lösung gibt, arbeiten Zuschauer:innen dauernd an einer Enträtselung. Das allein schon lässt den Film über sich hinauswirken.

Der Film ist dreigeteilt, wobei in jedem Teil eine weitere Informationsquelle hinzugefügt wird: erst reine Bilder, dann hinzukommender Text, dann auch Sprache.

In den rätselhaften Nebel-, Eis- und Kristall-Bildern, die teils in ihrer Zelluloidanmutung aus alten Lehrfilmen stammen könnten, versucht man immer mehr eine Erzähl- und Informationsstruktur zu erkennen. Nach einiger Zeit tauchen zwischen den abstrakten, kristallinen und amorphen Formen Zivilisationsbilder (Bungalow, Müllcontainer, ein Toilettenhaus) auf, im letzten Teil noch Urkrebse und ein entindividualisierter Mensch, der in Salzwüsten-Melasse und Urschlamm wühlt oder Proben entnimmt, sodass man an Forschung und Schöpfung denken muss.

Die Jury selbst hat an diesem Experiment gerne Teil genommen und trotz oder gerade wegen der Surrealismus- und Dada-Elemente mitgerätselt. Die Musik schuf dabei einen meditativen Zustand durch Loops. So stand am Ende die Wertung mit dem Prädikat WERTVOLL als Anerkennung einer gelungenen Seh-, Wahrnehmungs- und Reflexionserfahrung – wenn auch gewollt rätselhaft ohne Ergebnis.