Filmplakat: How to raise the Moon

FBW-Pressetext

Wenn der Schlaf über die Welt kommt, können die merkwürdigsten Dinge passieren. Totes wird lebendig, Kämpfe werden ausgefochten, Grenzen ausgelotet, das Starre löst sich auf und fliegt davon. In ihrem experimentellen Animationsfilm spielt Anja Struck mit Elementen der Bild- und Tonkunst. Fabelähnliche Figuren übernehmen ungewöhnliche Rollen und die fantasievolle und surreale Bildgestaltung wirkt wie ein Panoptikum an verschiedenen Eindrücken. Die visuellen Metaphern lassen viel Spielraum für Interpretationen. Hinweise können gelesen werden, sind aber für den Genuss dieser Komposition keine Bedingung. Ein rundum gelungenes Experiment.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Anja Struck
Drehbuch:Anja Struck
Kamera:Angela Poschet
Schnitt:Anja Struck
Musik:Marcio Doctor
Länge:8 Minuten
Produktion: Reflektorium Anja Struck
Förderer:Filmstiftung NRW; KJDF

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die Regisseurin Anja Struck hat einen Kurzfilm gestaltet, der auch nach Kriterien zu bewerten wäre, welche für Werke der Bildenden Kunst gelten. Das heißt, der Film übersteigt den konventionellen filmästhetischen Bewertungsmodus. Dennoch kann sich auch für Nicht-Kunstexperten, also für normale aufgeschlossene Zuschauer, ein faszinierendes Filmerlebnis einstellen. Die auf Hell und Dunkel reduzierten Farben lenken den Fokus auf symbolisch angereicherte Zeichen. Quasi durch einen Guckloch-Rahmen wird der Betrachter in eine fantastische Sphäre mit rätselhaften Dingen geführt. Die Protagonistin liegt schlafend auf der Tastatur eines Klaviers. Es agieren ein Fuchs und ein Hase. Glocken erklingen, doch der erwartete Glockenton bleibt aus. Stattdessen ist ein Atemgeräusch hörbar. Eine Beethoven-Büste wirkt bedrohlich, da die Anatomie des Kiefers sichtbar wird. Mysteriöse Dinge ereignen sich. Hier scheint eine Muse (analog zu Goyas Capriccio „Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“) zu schlafen und Fabelwesen werden zum Leben erweckt. Die unbelebte Welt wird vital. Ein Sphinx-ähnliches Wesen taucht auf. Wie in einer Manufaktur wird gewerkelt. Die Protagonistin gerät ins Schweben. Nachdem ein erdartiges Ei einer Puppe entnommen wurde, leuchtet ein kleiner Mond auf und das Geschehen erreicht einen finalen Wendepunkt. Die surreale Innenwelt wird verlassen und der Film endet in einem fantastischen Garten - vielleicht einem „totgesagten Park“ (Stefan George). Dies waren auf die Schnelle generierte Sehresultate und erste Assoziationen, welche bei der Diskussion der Jury genannt wurden. Auf Deutungen wollten sich die Gutachter nicht einlassen, da die zahlreichen indexikalischen und ikonischen Zeichen nicht eindeutig zu dechiffrieren sind. Auch verdient der Kurzfilm eine mehrfache, wiederholte Betrachtung. Bei Werken der Bildenden Kunst ist es üblich, dass Erklärungen und Schlüssel zur Interpretation in Katalogen oder anderen Begleittexten bereitgestellt werden. Für die Rezeption des Kurzfilms HOW TO RAISE THE MOON wäre analog zu Kunstausstellungen zusätzliches Informationsmaterial (z. B. Bonusmaterial auf einer DVD oder im Kino Handzettel mit einem Statement der Regisseurin) wünschenswert. Die Jury war von der künstlerischen Qualität des Kurzfilms sehr beeindruckt und votierte für das höchste Prädikat.