Heilt Hitler

Kinostart: 23.02.86
1985
Filmplakat: Heilt Hitler

Kurzbeschreibung

"Heilt Hitler! ist ein Zweieinhalbstundenfilm der Kategorie No-budget, den die kostenlose Mitarbeit meiner Freunde ermöglichte. Heilt Hitler! ist in Super-8 gedreht und auf 35 mm gebracht, was für einen Spielfilm ein Novum darstellen dürfte. Der Film hat einen Endkostenstand von 200.000 DM, Drehzeit 11 Tage. Heilt Hitler! beschäftigt sich mit der deutschen Vergangenheit, dass denjenigen, die im Nationalsozialismus lediglich einen Verkehrsunfall deutscher Geschichte sehen, das Hören und Sehen vergehen kann." (Herbert Achternbusch)

Ein bizarrer Kultfilm dessen Botschaft bis heute nichts an Brisanz verloren hat.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Komödie; Antikriegsfilm; Politischer Film; Kultfilm
Regie:Herbert Achternbusch
Darsteller:Gunter Freyse; Herbert Achternbusch; G. Geist; Waltraud Galler; Anita Geerken; Annamirl Bierbichler
Kamera:Herbert Achternbusch; Herbert Schild; Gunter Freyse; Adam Olech
Schnitt:Micki Joanni
Länge:140 Minuten
Kinostart:23.02.1986
Produktion: , Herbert Achternbusch
FSK:18

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Mit herkömmlichen Maßstäben ist diesem Film, darüber bestand Einmütigkeit, nicht beizukommen. Er stellt eine höchst subjektive Äußerung dar, im Prinzip den Produktionen Warhols oder Pasolinis vergleichbar, ein Film jedenfalls, an dem sich die Geister scheiden. So ergaben sich denn auch in der Diskussion klar gegeneinander abgesetzte Standpunkte. Die Mehrhheit stellte eine Parallele her zwischen Achternbusch's Film und dem absurden Theater der Gegenwart. Dort wie hier werden die gleichen oder einander verwandte Stilmittel benutzt, vor allem Provokation, groteske Verzerrung und Übersteigerung, Sprunghaftigkeit der Handlung, Verzicht auf jeden Realitätsbezug und das Hervorrufen von Assoziationen. Mit diesem Instrumentarium entwirft Achternbusch eine abstruse Geschichte, die letztlich erwächst aus dem Zorn und seiner Scham über das, was im Dritten Reich passiert ist. Die so entstandene, nur lose Warnung an die Adresse derer, die Hitler und seine Verbrechen nur als einen "Betriebsunfall" der deutschen Geschichte betrachten. Mit seinem Film hofft er dazu beizutragen, daß sich ähnliches nicht wiederholt. Demgegenüber ist der Unterhaltungswert seines Films von untergeordneter Bedeutung.

Die Umsetzung dieser Vorstellungen geschieht, wie stets bei Achternbusch, in erster Linie und mit stärkerer Überzeugungskraft durch das Wort. Aber es gelingen ihm auch zahlreiche Bilder von symbolischer Kraft. So stellt er beispielsweise gegen die verblichenen, auf die seit Kriegsende vergangene Zeit hindeutenden Farben der Eingangsszene mit dem sich eingipsenden Stalingradkämpfer, blühenden Apfelbäumen, Szenen, die überdies teilweise durch Farb-Verfremdung zusätzlichen Reiz erhalten. Auch die "Auferstehung" des Soldaten aus dem Kriegsehrenmal in München und dessen Spaziergang durch die Stadt spricht für die Fantasie, mit der Gewohntes auf einmal völlig neu gesehen wird.

Es ist nicht zu verkennen, daß es Schwierigkeiten bereitet, Achternbusch in allen Einzelheiten, mit denen er seine Absicht verwirklicht, zu folgen. Das liegt nicht allein an dem Fehlen einer klaren dramaturgischen Linie, wie sie sonst üblich ist, sondern es ist auch durch die nicht zu leugnenden Längen und die Einfügung zweifellos ekelerregender Szenen bedingt. Auch allzu häufige Wiederholungen gleicher oder ähnlicher Motive sind als Mangel zu betrachten. Das gleiche gilt für die Angriffe gegen die katholische Kirche und die Polizei, in denen Achternbusch, wie in seinen anderen Filmen, seine Komplexe gegenüber diesen Institutionen offensichtlich abreagieren muß. Hier entsteht mitunter der Eindruck, daß die Provokation im ihrer selbst willen betrieben wird. Bei Abwägung aller dieser Momente bleibt jedoch festzuhalten, daß der Film, der auch Elemente des bayrischen Bauerntheaters aufgreift, vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation sowohl unter politischen als auch unter künstlerischen Aspekten in seiner bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Hervorzuheben ist auch die sorgfältig ausgewählte klassische Musik, die nicht nur Stimmung erzeugen hilft, sondern oft sogar Hinweise auf die Interpretation ganzer Szenenkomplexe gibt.

Die gegenteilige Position konnte die hier angeführten positiven Argumente nicht anerkennen; sie wertet den Film als ein werk, in dem das Absurde um des Absurden willen zum Ausdruck gebracht wird, und konnte sich daher der von der knappen Mehrheit des Ausschusses vertretenen Sinndeutung nicht anschließen.