Große Erwartungen

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Ein Junge und ein Mädchen, die das Leben scheinbar füreinander
bestimmt hat, gehen - von zwei durch ihre Vergangenheit
gezeichnete Menschen schicksalhaft geformt und gelenkt -
getrennte Wege, um doch wieder zueinander zu finden. Charles
Dickens großartiger Roman gab die Vorlage für diese im modernen
Gewand erzählte Geschichte und prägte ihr den qualitativen
Stempel auf. Dem guten Drehbuch ist es zu verdanken, daß die
Verstrickungen von Leidenschaften und unerfüllten Sehnsüchten
glaubhaft werden.

Eine vorzügliche Kamera lieferte opulente Bilder. Die Dialoge
sind knapp und präzise. Bilder ersetzen Sprache in besonderen
Momenten. So zieht dieses stimmungsträchtige Schaustück teils
melodramatisch, teils anrührend romantisch den Zuschauer in
seinen Bann.

Seine Stärken besitzt der Film in der ersten Hälfte in Florida,
die atmosphärisch dicht inszeniert ist. Der zweite Teil verliert
sich etwas im zu glatt inszenierten yuppiehaften New Yorker
Künstler- und Club-Milieu.

Ein großes Verdienst am Gelingen des Films kommt den
darstellerischen Leistungen zu: Robert De Niro als entflohener
Sträfling und bis zum Ende verborgen bleibender Wohltäter und
Schicksalsgeber des jungen Finn sowie Anne Bancroft als
verbitterte alte Lady, die ihre Nichte wegen einer enttäuschten
Liebe zum Werkzeug ihrer Rache an der Männerwelt erzieht,
überzeugen durch hervorragende Typisierungen. Gwyneth Paltrow und
Ethan Hawke füllen ihre Parts den Rollen angemessen gut aus. Ein
besonderes Lob verdient die Ausstattung, der der Film einen
großen Teil seiner zauberhaften Magie verdankt.