Filmplakat: Gott kommt

FBW-Pressetext

In monotheistischen Religionen dienen kirchliche Würdenträger dem Volk als Verbindung zur einzigen Gottheit. Ist der Dienst von einer der beiden Seiten gekündigt, geht die Gottheit meistens an den Pfarrer über. Mögliche Entwicklungen zeigt die Animationsserie GOTT KOMMT. Am Anfang jeder Episode läutet der Pfarrer die Kirchenglocke. Dann wartet er auf seine Schäfchen. Niemand kommt. Unruhe. Etwas viel Größeres kommt. Manche Veränderungen übersteigen die Mächte des Pfarrers eben. Ein Orgelspiel gegen Windmühlen, Meteoriten, Autohäuser, Aufwinde oder einfach nur Schwund beginnt. Als Diener Gottes hat man es eben nicht einfach. Diese Wahrheit muss der Pfarrer in Stefan Vogts 12-teiliger Animationsserie GOTT KOMMT immer wieder erkennen. Die einzelnen Clips der Serie dauern jeweils drei Minuten – und es ist faszinierend, mit welch Ideenreichtum Vogt die immer wieder gleiche Ausgangsszenerie in ein jeweils anderes Spielfeld verwandelt. Den Anfang bilden immer die Kirchenglocke und die Figur des Pfarrers, der aber, wie die anderen Figuren auch, nur als kleines bewegliches Reiskorn über die Szenerie hüpft, unterstützt nur von einem stimmungsvollen Soundteppich. Zu sehen ist alles aus der weit entfernten Aufsicht über das ganze Dorf. Und auch hierin liegt die Genialität der Idee: Die Vogelperspektive macht mehrere Handlungsabläufe möglich, lässt dem Zuschauer die Distanz zum Chaos des Geschehens und somit viel Platz für die eigene Fantasie. GOTT KOMMT ist in jeder Episode Kurzfilmkunst, die mit surreal absurden Einfällen den Zuschauer immer wieder überrascht und bestens unterhält.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Stefan Vogt
Drehbuch:Stefan Vogt
Musik:Sebastian Vogt
Länge:30 Minuten
Produktion: Lukas Thiele Filmproduktion Lukas Thiele, Studio Film Bilder;
Förderer:BKM; MBB; HessenFilm und Medien

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Aus der Vogel- oder besser gesagt Gottesperspektive schaut man in den 12 Episoden dieser animierten Serie auf ein winziges Dorf, in dessen Mitte eine Kirche steht, die zum Beginn jeder Folge mit Orgelspiel und Glockengeläut zum Gottesdienst einlädt - aber keiner kommt. Der Pfarrer läuft dann auf den Marktplatz und tut seinen Unwillen mit drastischen Klängen kund. Gesprochen wird in der gesamten Serie kein Wort und die Protagonisten sind wegen der großen Distanz nur als Striche (also nicht einmal als Strichmännchen) zu erkennen. Der Autor, Animator und Regisseur Stefan Vogt will zeigen, wieviel man mit solch beschränkten Mitteln erzählen kann. Und erzählerisch greift er dafür in die Vollen, denn er lässt gleich neben dem Dorf einen riesigen Meteor einschlagen, oder die Kirche in einem Erdloch verschwinden, aus dem dann eine riesige Spinne klettert. Ein anderes Mal verschwindet die Kirche und an ihrer Stelle wird ein Konsumtempel (in diesem Fall ein Autohaus) errichtet und in der letzten Episoden droht ein riesiges Flugzeug auf die Kirche zu stürzen, bleibt aber dann am Himmel hängen – vielleicht weil Gott schließlich doch noch kommt? Vogt erzählt mit einer ausgeprägten eigenen Handschrift. Er kümmert sich kaum darum, ob seine Geschichten einer schlüssigen Dramaturgie folgen oder verständlich sind. Stattdessen zeichnet er das Bild füllende Ereignisse, durch die die Kirche, das Dorf und die Bewohner extremen Veränderungen ausgesetzt werden. So versinkt die ganze Landschaft, sprich das gesamte Bild, in einem Urwald und ein Stausee in der Nähe des Dorfes (hier gibt es mit einem Schwenk den einzigen Bildwechsel) wird nur dadurch am Bersten gehindert, dass der Strichkörper des Pfarrers wie der Daumen des holländischen Jungen am Deich das Loch stopft. Die Jury war beindruckt davon, wie fantasievoll Vogt mit seinen Mitteln spielt, wie geschickt er etwa mit dem Sounddesign arbeitet und wie komisch er seine Katastrophen inszeniert.