Eine Frauensache

Kinostart: 26.01.89
1989
Filmplakat: Eine Frauensache

Kurzbeschreibung

Frankreich, während des 2. Weltkriegs. Marie, die zwei Kinder zu ernähren hat, während ihr Mann in Kriegsgefangenschaft ist, unternimmt aus Gefälligkeit für eine Nachbarin eine Abtreibung. Sie entdeckt, daß sie Geschick für diese Tätigkeit besitzt und sich mit dem Geld ihr Leben erleichtern kann. Immer professioneller betreibt sie ihr Gewerbe und vermietet nebenbei Zimmer an Prostituierte. Selbst der Tod einer Kundin läßt sie unbeeindruckt. Ihr verwundet aus dem Krieg zurückgekehrter Ehemann, den sie völlig aus ihrem Leben ausschließt und durch einen jungen Liebhaber ersetzt, zeigt sie schließlich heimlich an. Ein Sondergericht statuiert ein Exempel und verurteilt sie zum Tode.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama
Regie:Claude Chabrol
Darsteller:Lolita Chammah; François Cluzet; Isabelle Huppert; Nils Travernier; Marie Trintignant
Drehbuch:Claude Chabrol; Colo Tavernier O´Hagan
Kamera:Jean Rabier
Schnitt:Monique Fardoulis
Musik:Matthieu Chabrol
Länge:108 Minuten
Kinostart:26.01.1989
Verleih:NEF 2
Produktion: MK2 Productions
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Das Schicksal einer jungen Französin, die 1943 als eine der letzten Frauen zum Tode verurteilt wurde, nimmt Claude Chabrol zum Anlass, die Situation der Bevölkerung Frankreichs und des französischen Staates unter der deutschen Besatzungsmacht und angesichts eines verlorenen Krieges auf seine Weise darzustellen und zu interpretieren, wobei er mit manchen Mythen und falschen heroischen Vorstellungen unausgesprochen abrechnet. Dies betrifft beispielsweise die Bedeutung der Resistance und Kollaboration, die psychischen, deshalb aber auch zwischenmenschlich-sozialen Folgen des Krieges für den einzelnen, selbst die Schuld am Zustande Frankreichs, der nicht nur dem Einmarsch der deutschen Truppen, sondern dem früheren und dem gegenwärtigen Verhalten aller Franzosen angelastet wird.

Diese Themen werden jedoch nicht plakativ, sondern im Rahmen eines Geschehens abgehandelt, das die subtilen Gestaltungsfähigkeiten des Regisseurs erneut unter Beweis stellt. Die Entwicklung der Protagonistin, von Isabella Huppert feinnervig gespielt, steht im ganzen Film im Vordergrund. Sie erlebt einen Lernprozess, der die Beziehungen zu ihrem Mann und vor allem ihren Kindern, zu ihren Freundinnen und Kunden, zu ihrer ganzen Umwelt und später auch zu ihrem Geliebten erfasst, der schließlich auch religiöse und politische Momente einbezieht. Es ist gleichzeitig ein Lernprozess, der sich nie von der konkreten Basis ihrer Existenz als Engelmacherin und als Vermieterin stundenweise nutzbarer Zimmer entfernt. Und deshalb werden sehr authentisch und akribisch, gleichzeitig aber auch symbolisch-mehrschichtig alle jene Verrichtungen, Gegenstände, Räume, Gebäude und Straßen einbezogen, die zu diesem Leben gehören. Dabei werden auch teilweise degoutante Szenen im Rahmen der Handlungen vergegenwärtigt, doch erweisen auch sie sich geprägt von jener signalhaften Wirklichkeitsbezogenheit, die auf die thematisch wichtigen Lebenseinstellungen und –zwänge verweist.

Es versteht sich, dass derartiges nur gelingen konnte, weil alle Gestaltungselemente, besonders Kamera, Ausstattung und Führung der Darsteller (und unter ihren besonders auch der Kinder) auf diese Intensität verpflichtet sind, so dass mit großer Präzision die einzelnen Elemente des Geschehens wie des Milieus sich dem ein- und unterordnen.