Die Vorkosterinnen

Kinostart: 29.05.25
2025
Filmplakat: Die Vorkosterinnen

FBW-Pressetext

Der Film erzählt die wahre Geschichte der Vorkosterinnen Hitlers, die in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs in der „Wolfsschanze“ in Ostpreußen jeden Tag ihr Leben riskierten. Ein berührend-inspirierender Film mit überzeugendem Cast, ganz aus der Sicht der einzigen Überlebenden erzählt.

Ostpreußen im Herbst 1943: Rosa flieht nach der Bombardierung Berlins zu ihren Schwiegereltern aufs Land. Ihr Mann Kurt kämpft an der Ostfront. Als Rosa kurz nach ihrer Ankunft von SS-Soldaten aufgefordert wird, sie zu begleiten, weiß sie nicht, warum und wohin. Doch dann wird ihr, zusammen mit anderen jungen Frauen eröffnet, dass sie eine Aufgabe „für ihr Vaterland“ zu erfüllen hat: Die Frauen sollen als Vorkosterinnen die Mahlzeiten essen, die auch Hitler zu sich nimmt. Jede Mahlzeit kann die letzte sein, in jedem Teller kann sich Gift verbergen. Doch inmitten der Gefahr entsteht zwischen den Frauen ein Band der Freundschaft, das auch Rosa dabei hilft, durchzuhalten.

Erst im Jahr 2012 erfuhr die Welt durch die einzige Überlebende, Margot Wölk, von den realen Vorkosterinnen, die in der „Wolfsschanze“ ihren Dienst leisten und täglich ihr Leben riskieren mussten. Nun hat der Regisseur Silvio Soldini die Geschichte dieser Frauen für die Kinoleinwand adaptiert. Elisa Schlott überzeugt als pragmatisch-unerschrockene Rosa, aus deren Perspektive der Film erzählt ist. Und Max Riemelt verbreitet durch sein hartes Spiel eine fast greifbare Eiseskälte eines unbarmherzigen Kommandanten, der dennoch auch Raum für Ambivalenzen lässt. Das Drehbuch benutzt die historischen Geschehnisse rund um den Zweiten Weltkrieg als Resonanzraum und bleibt ganz in der Kernerzählung der jungen Frauen, die nicht nur jeden Tag ihr Leben riskieren, sondern als alleinerziehende Mütter oder Kriegswitwen ihre unfassbare Stärke unter Beweis stellen. Dass aus dieser Not heraus auch gemeinsames Lachen und Vertrauen entstehen kann, ist das berührend-inspirierende Herz einer Geschichte über die Freundschaft und den Zusammenhalt der Frauen, die vom Schicksal zusammengeführt wurden. Mit DIE VORKOSTERINNEN erzählt Soldini ein Kapitel aus der deutschen Geschichte, das viel zu lange im Verborgenen blieb.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Silvio Soldini
Darsteller:Elisa Schlott; Max Riemelt; Alma Hasun; Emma Falck
Drehbuch:Doriana Leondeff; Silvio Soldini; Cristina Comencini; Giulia Calenda; Ilaria Macchia
Kamera:Renato Berta
Schnitt:Carlotta Cristiani, Giorgio Garini
Musik:Mauro Pagani
Webseite:buschmediagroup.de;
Länge:123 Minuten
Kinostart:29.05.2025
Verleih:Busch Media Group
Produktion: Lumière & Co., Tarantula; Tellfilm; Vision Distribution; Sky Cinema;

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Auch über 50 Jahre nach dem Ende des Hitlerregimes gibt es noch neue Berichte über das Leiden der Menschen unter dieser Schreckensherrschaft und die Perfidie des faschistischen Systems. So erzählte Margot Woelk im Jahr 2012 im Alter von 95 Jahren davon, dass sie zusammen mit einer Gruppe von jungen deutschen Frauen in den frühen 1940er Jahren die Speisen vorkosten musste, die in der Wolfschanze für Adolf Hitler zubereitet wurden. Die Italienerin Rosella Postorino veröffentlichte im Jahr 2018 den Roman „Die Vorkosterinnen“, der auf dieser vermeintlich wahren Geschichte beruht. Dies ist der Grund dafür, warum der italienisch/schweizerische Regisseur Silvio Soldini diese literarische Vorlage unter dem gleichen Titel als eine italienische Produktion inszenierte. Und obwohl der gesamte Film in Bozen in Südtirol gedreht wurde, ist er so aufwendig und sorgfältig ausgestattet, und die Darsteller agieren sowie sprechen (von wenigen Sprachfärbungen abgesehen) so überzeugend, dass die Verortung der Geschichte im Ostpreußen der 1940er Jahre überzeugend gelingt. Erzählt wird die Geschichte konsequent aus der Perspektive der Protagonistin Rosa Bauer. Und Elisa Schlott, die in jeder Einstellung zu sehen ist, trägt den Film, weil es ihr gelingt, durch ihre einfühlsame und sensible Darstellung, diese Filmfigur sehr plastisch und komplex lebendig werden zu lassen. Durch diesen Blickwinkel bleibt vieles ungezeigt und ungesagt. So ist von dem Attentat auf Adolf Hitler im Jahr 1944 nur die Explosion zu hören und der SS-Kommandant Albert Ziegler, mit dem Rosa Bauer eine Liebesbeziehung beginnt (Max Riemelt spielt ihn als eine Figur voller Widersprüche zwischen Arroganz und Verletzlichkeit), spricht in einer intimen Szene von den schrecklichen Taten, die er begangen hat. Anders als Rosa kann das Publikum mit dem Wissen um Stauffenbergs gescheitertes Sprengstoffattentat und den Holocaust genau erkennen, was hier indirekt erzählt wird, ohne dass dadurch die streng subjektive Erzählform verlassen wird. So bleibt der Film immer nah bei Rosa Bauer und ihren Schicksalsgenossinnen. Soldini zeigt ihre Angst, ihre Verzweiflung und die kalte, gnadenlose Effizienz, mit der die Soldaten sie bewachen und dazu zwingen, ihre Aufgabe als menschliche Versuchskaninchen auszuführen. Mit 123 Minuten erscheint der Film der Jury jedoch gerade im Mittelteil ein wenig zu lang. Und wenn im dramatischen Finale Rosa Bauer zu einer mutigen Heldin wird, die alles versucht, um einer jüdischen Freundin bei deren Flucht zu helfen, kippt der Film in die Kolportage des literarischen Bestsellers und verliert dadurch, so die Ansicht der Jury, an Glaubwürdigkeit. Am stärksten sind Silvio Soldini und das gut gecastete Schauspieler*innen-Ensemble dagegen immer dann, wenn sie zeigen, wie diese Gruppe von Menschen in ihrer Zwangsgemeinschaft zusammenleben. Eine weitere Stärke des Films sieht die Jury auch darin, dass die Bewacher der Frauen nicht als Nazikarikaturen gezeichnet werden, sondern als Männer, die durch ihre Abrichtung in einem toxischen System ihre Menschlichkeit verloren haben.

Im Anschluss an eine ausführliche Diskussion und in Abwägung aller dargebrachten Argumente verleiht die FBW-Jury dem Film gerne das Prädikat ‚wertvoll‘.