Die Boxerin

Kinostart: 09.02.06
2005
Filmplakat: Die Boxerin

FBW-Pressetext

Power-Debüt: Eine junge Frau aus Eberswalde (ja: Eberswalde) boxt sich durch. Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel und den anderen Protagonisten zuzuschauen, hält auch noch in der Spätvorstellung wach.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama
Regie:Catharina Deus
Darsteller:Fanny Staffa; Katharina Wackernagel; Manon Straché
Drehbuch:Martina Klein
Weblinks:filmfriend.de; filmsortiment.de;
Länge:112 Minuten
Kinostart:09.02.2006
Verleih:Stardust Filmverleih
Produktion: credo:film GmbH
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Johanna, genannt Joe, hat in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit im tiefen Osten Deutschlands schwere Probleme mit ihren Jobs, muss zeitweise von der Stütze leben, was natürlich vorne und hinten nicht reicht und die Konflikte mit ihrer Mutter schärft. Einen neuen Job in und um Eberswalde zu finden, ist nicht leicht. Joe träumt davon, Boxerin zu werden – so wie ihr verstorbener Vater, der einst ein bekannter Boxer in der Region war. Mit Mühe überzeugt sie einen früheren Freund des Vaters, sie zu trainieren, und sie hält durch, auch unter den Anfeindungen der männlichen Mitglieder des Boxclubs.
Joe kommt mit sich und der Welt nicht zu recht. Was ihr fehlt, das will sie. Was sie hat, dem misstraut sie und wirft es weg. Aber sie ist zäh. Sie boxt sich durch.

Regisseurin Catharina Deus ist ein intensiver Film über das Erwachsenwerden in einer feindseligen Umwelt gelungen, in der alle Anerkennung und aller Respekt schwer erkämpft werden müssen. Die scheinbar aussichtlose Lage, schlecht bezahlte Jobs, ständig drohende Arbeitslosigkeit, Konflikte mit den Eltern, die fehlende Akzeptanz bei den Sportkameraden im Verein, die Rivalitäten der ehemaligen Mitschülerinnen und auch das scheue Glück in all dem Elend sind sensibel und ohne jede Plattheit inszeniert.
Es ist das Verdienst des Films, mit einem guten Drehbuch, einer klugen Regie und mit durchweg hervorragenden Darstellerleistungen eine dichte Atmosphäre zu erzeugen, die mit einer spannenden Geschichte über die volle Filmlänge trägt, ohne eine Sekunde der Gefahr von Langweile ausgeliefert zu sein.
Besonders hervorzuhebenen ist die Darstellung der Auseinandersetzung zwischen der Protagonistin und ihrer Mutter. Wunderbar entwickelt wird das Ertasten der eigenen Sexualität und der Umgang mit den eigenen Launen. Ebenso realitätsbezogen werden die Konflikte zwischen Jugendlichen dargestellt. Ein besonderer Höhepunkt ist dann die Inszenierung des Boxkampfes, eigens von einem auf Boxkampfszenen spezialisierten Cutter geschnitten. Einfallsreiche Dialoge („Du bist wie ein harter Keks, innen mit Schokolade gefüllt“, oder „Du hast einen Körper wie ein Sportwagen“) überwiegen bei weitem die weniger starken Wortwechsel („Du kannst alles machen, nur nicht mir das Herz brechen“).

Der intensive Film wirkt stellenweise atemberaubend realistisch und überhöht zugleich, sympathisch bescheiden und dennoch voller Kraft. Hier wird nicht illustriert, sondern „volle Kanne“ gelebt.
Alles ist atmosphärisch dicht erzählt, seien es das Umfeld der Protagonisten und die hoffnungslose Tristesse der Region oder der unbeugsame Wille der Hauptfigur, sich durchzusetzen und trotz aller widrigen Umstände nicht aufzugeben. Die sorgsame Besetzung strahlt bis in die Nebenrollen und bildet ein starkes Ensemble, das die zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen, die bis ins Detail ausgearbeitet sind, hervorragend trägt. Angelpunkt des Films ist die großartige Katharina Wackernagel als Joe, die sich mit vollem Einsatz in die Zuschauerherzen und in den Darstellerhimmel spielt.

„Die Boxerin“ ist eine schöne Liebesgeschichte über die Schwierigkeit, Vertrauen zu fassen zur Welt und auch zu sich selbst. Für Insider besondere Leckerbissen sind Anspielungen auf berühmte Vorbilder wie etwa „Muriels Wedding“ und erstaunlich sind – bei einem weit kleineren Budget und bei einem Erstlingsfilm - die Parallelen zu „Million Dollar Baby“, der etwa zeitgleich entstand.