Der Verlorene

Kinostart: 07.09.51
1951
Filmplakat: Der Verlorene

Jurybegründung

Der Film schildert das Schicksal eines schwachen sensiblen Mannes, der durch den brutalen Eingriff einer brutalen Staatsform aus seiner Bahn geworfen wird und in einer pathologischen Anwandlung einen Mord begeht. Er muss, als er aus seiner schizophrenen Umnachtung erwacht, feststellen, dass der zum irdischen Richter berufene Staat, dem er sich, von seinem Gewissen getrieben und seiner Verantwortung bewusst, stellen will, die Sühne ablehnt, da er als Wissenschaftler diesem Staat wichtig ist. Es kommt dazu, dass der Staat die wissenschaftliche Arbeit dieses Mannes zu seinen verbrecherischen Zwecken auszunutzen gedenkt. Durch dieses Erlebnis gerät der Mann völlig ausser sich selbst. Bedrängt von dem Wissen um seine Schuld, dem eine Sühne versagt ist, wird der Mann fortgesetzt von Zwangsvorstellungen, die um den ersten Mord kreisen, geplagt. Zweimal gelingt es ihm, sich selbst zu entfliehen. Das dritte Mal erliegt er durch ein besonderes unbewusstes Entgegenkommen seines Opfers den ihn bedrängenden Gesichten. Eine Bombe zerstört sein Haus und er glaubt und hofft, aufgewühlt durch andere erschütternde Ereignisse der Zeit, dass die Vergangenheit und mit ihr seine Zwangsvorstellungen ausgelöscht seien. Nach dem Kriege trifft er den Mann, der sein persönliches Unheil verschuldet hat und in dem er die Verkörperung des korrupten Staatswesens sieht. Er erkennt, dass vergangene Schuld nicht verjähren kann. Er erschiesst den Betreffenden und lässt sein eigenes Leben auslöschen.

Die Handlung, die auf einer wahren Begebenheit beruht, ist mit einer so ungewöhnlichen Eindringlichkeit gestaltet, die schauspielerische Leistung von Peter Lorre und den eingesetzten anderen Kräften, die Regie und die Kamera sind von einer filmischen Ausdruckskraft, wie sie kein deutscher Film der letzten Jahre, wie sie kaum ein ausländischer Film der Nachkriegszeit gezeigt haben. Neben dieser ganz besonders künstlerischen Leistung steht aber auch die Tendenz des Films, die in so überaus notwendiger und eindringlicher Weise zeigt, bis zu welcher Vernichtung des Individuums ein diktatorisch gelenktes Staatswesen führen kann.

Die Kommission hat sich aus diesen Gründen mit Mehrheit entschlossen, dem Film das Prädikat "wertvoll" zu geben. Nach längerer und eingehender Diskussion konnte die Kommission sich in ihrer Mehrheit nicht dazu verstehen, das Prädikat "besonders wertvoll" zu verleihen. Hierfür war in erster Linie die Überlegung massgebend, dass es sich trotz der grausigen Konsequenzen, die die Umwelt verschuldet hat, im Anfang um eine Tat in pathologischer Umnachtung handelt. Hierdurch ist bedingt, dass dieser ersten Tat eine letzte Begründung fehlt. Jedenfalls kann sie nicht ohne weiteres mit den Zuständen unseres Staatswesens im Dritten Reich und auch nicht von der menschlichen Ebene allein her begründet werden. Wenn auch erkannt wird, dass der Film in seinem weiteren Verlauf eine ethisch und politisch positive Tendenz aufweist, so verbietet doch der makabre Ausgangspunkt die Zuerkennung des höchsten Prädikates.

Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kriegsfilm; Kriminalfilm
Regie:Peter Lorre
Darsteller:Peter Lorre; Karl John; Helmuth Rudolph
Drehbuch:Peter Lorre
Buchvorlage:Peter Lorre
Kamera:Václav Vích
Schnitt:Carl Otto Bartning
Musik:Willy Schmidt-Gentner
Länge:98 Minuten
Kinostart:07.09.1951
Verleih:Atlas-Filmverleih

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Der Film schildert das Schicksal eines schwachen sensiblen Mannes, der durch den brutalen Eingriff einer brutalen Staatsform aus seiner Bahn geworfen wird und in einer pathologischen Anwandlung einen Mord begeht. Er muss, als er aus seiner schizophrenen Umnachtung erwacht, feststellen, dass der zum irdischen Richter berufene Staat, dem er sich, von seinem Gewissen getrieben und seiner Verantwortung bewusst, stellen will, die Sühne ablehnt, da er als Wissenschaftler diesem Staat wichtig ist. Es kommt dazu, dass der Staat die wissenschaftliche Arbeit dieses Mannes zu seinen verbrecherischen Zwecken auszunutzen gedenkt. Durch dieses Erlebnis gerät der Mann völlig ausser sich selbst. Bedrängt von dem Wissen um seine Schuld, dem eine Sühne versagt ist, wird der Mann fortgesetzt von Zwangsvorstellungen, die um den ersten Mord kreisen, geplagt. Zweimal gelingt es ihm, sich selbst zu entfliehen. Das dritte Mal erliegt er durch ein besonderes unbewusstes Entgegenkommen seines Opfers den ihn bedrängenden Gesichten. Eine Bombe zerstört sein Haus und er glaubt und hofft, aufgewühlt durch andere erschütternde Ereignisse der Zeit, dass die Vergangenheit und mit ihr seine Zwangsvorstellungen ausgelöscht seien. Nach dem Kriege trifft er den Mann, der sein persönliches Unheil verschuldet hat und in dem er die Verkörperung des korrupten Staatswesens sieht. Er erkennt, dass vergangene Schuld nicht verjähren kann. Er erschiesst den Betreffenden und lässt sein eigenes Leben auslöschen.
Die Handlung, die auf einer wahren Begebenheit beruht, ist mit einer so ungewöhnlichen Eindringlichkeit gestaltet, die schauspielerische Leistung von Peter Lorre und den eingesetzten anderen Kräften, die Regie und die Kamera sind von einer filmischen Ausdruckskraft, wie sie kein deutscher Film der letzten Jahre, wie sie kaum ein ausländischer Film der Nachkriegszeit gezeigt haben. Neben dieser ganz besonders künstlerischen Leistung steht aber auch die Tendenz des Films, die in so überaus notwendiger und eindringlicher Weise zeigt, bis zu welcher Vernichtung des Individuums ein diktatorisch gelenktes Staatswesen führen kann.
Die Kommission hat sich aus diesen Gründen mit Mehrheit entschlossen, dem Film das Prädikat "wertvoll" zu geben. Nach längerer und eingehender Diskussion konnte die Kommission sich in ihrer Mehrheit nicht dazu verstehen, das Prädikat "besonders wertvoll" zu verleihen. Hierfür war in erster Linie die Überlegung massgebend, dass es sich trotz der grausigen Konsequenzen, die die Umwelt verschuldet hat, im Anfang um eine Tat in pathologischer Umnachtung handelt. Hierdurch ist bedingt, dass dieser ersten Tat eine letzte Begründung fehlt. Jedenfalls kann sie nicht ohne weiteres mit den Zuständen unseres Staatswesens im Dritten Reich und auch nicht von der menschlichen Ebene allein her begründet werden. Wenn auch erkannt wird, dass der Film in seinem weiteren Verlauf eine ethisch und politisch positive Tendenz aufweist, so verbietet doch der makabre Ausgangspunkt die Zuerkennung des höchsten Prädikates.