Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
In der Tradition des französischen Realismus, auf Truffaut verweisend, hat der Film-Neuling Mehdi Charef einen Stoff entwickelt, dessen künstlerische Umsetzung ihn sofort in die Spitzengruppe der Regisseure verweist. Wie in einem der trostlosen Wohnviertel am Rande von Paris zwei junge Leute, ein Franzose und ein in Frankreich geborener Algerier, der dennoch nicht als Franzose akzeptiert wird, mit dem Leben, ihren tristen und feindlichen Leben fertig zu werden versuchen, wie sie Bedrohungen, die dieses Leben umgeben – Arbeitslosigkeit, Rauschgift, Alkohol und immer wieder die Ausländerfeindlichkeit - , teils bekämpfen, teils zum eigenen Vorteil ausnutzen, das wird in langen, in sich verschachtelten, mit vielen ausdrucksstarken Gesichtern belebten Episoden atmosphärisch dicht vorgeführt. Das Ergebnis ist kein Problemfilm, sondern eine realistische Beschreibung von Problemen mit Mitteln des Spielfilms, ein ungemein eindringliche Wiedergabe sozialer Wirklichkeiten, die dem Zuschauer emotional unbequeme Einsichten vermittelt. Unbequem deshalb, weil er das vor ihm ausgebreitete, aufrüttelnde Material aus eigener Kraft verarbeiten muss. Eine fertige Botschaft wird hier nicht mitgeliefert, eine Lösung – wer sollte sie anbieten? – nicht vermittelt. Ebenso wenig gibt es gibt es eine kritische Untersuchung über die Gründe, die zur geschilderten Misere führten; dieser Analyse entzieht sich der film mit Recht, und dies ist sein Vorzug. Der suggestiven Regie ordnen sich alle optischen und akustischen Ingredienzien wie selbstverständlich unter. Die durchweg unbekannten Darsteller sind vorzüglich ausgesucht und geführt.