Der Mann aus dem Eis

Filmplakat: Der Mann aus dem Eis

Kurzbeschreibung

Vor über 5.000 Jahren, während der Jungsteinzeit in den Ötztaler Alpen in Südtirol hat sich ein neolithischer Clan in der Nähe eines Baches niedergelassen. Ziegen und Schweine bilden ihre Nahrung, Pelze sorgen für die nötige Wärme, und in Ritualen leben sie Zusammenhalt und Gemeinschaft. Ihr Führer Kelab spürt eine große Verantwortung, der Hüter des heiligen Schreins der Tineka zu sein. Während sich Kelab auf der Jagd befindet wird seine Siedlung angegriffen und dessen Mitglieder brutal ermordet. Unter den Toten befinden sich auch Kelabs Frau und sein Sohn. Nur ein Neugeborenes hat den Abgriff überlebt. Auch der Schrein der Tineka ist verschwunden.
Von Schmerz und Wut geblendet sinnt Kelab auf Rache, doch die Verfolgung der Angreifer entwickelt sich für ihn zu einer wahren Odyssee. Er muss nicht nur gegen die Kräfte der Natur kämpfen, die im Hochgebirge auf ihn warten, sondern auch um sein Überleben und das des Kindes. Als Kelab endlich den Mördern seines Clans gegenübersteht, muss er versuchen, nicht selbst zu deren Opfer zu werden, und seine Gier nach Rache vermischt sich mit ungewollter Barmherzigkeit. Letztlich erkennt er, dass Vergeltung ihm seine Liebsten nicht zurückbringen wird.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm; Historischer Film
Regie:Felix Randau
Darsteller:Jürgen Vogel; Franco Nero; André M. Hennicke; Susanne Wuest; Violetta Schurawlow; Sabin Tambrea; Axel Stein
Drehbuch:Felix Randau
Kamera:Jakub Bejnarowicz
Schnitt:Vessela Martschewski
Musik:Beat Solér
Länge:96 Minuten
Kinostart:30.11.2017
Verleih:Port au Prince Pictures
Produktion: Port au Prince Pictures GmbH, Lucky Bird Pictures; Amour Fou Vienna;
FSK:12
Förderer:FFA; MBB; FFF Bayern; DFFF; Filmstandort Austria

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Felix Randau wagte sich an den ersten Spielfilm über das Leben von Ötzi, die 5300 Jahre alte Gletscherleiche, die Wanderer 1991 in den Ötztaler Alpen entdeckten. Der Körper fand seine neue Heimat im Südtiroler Archäologie-Museum in Bozen, einem Besuchermagneten, in dem auch die restaurierten Überreste seiner Kleidung und Ausrüstung zu bestaunen sind.
Aus den wenigen Fakten um die Lebens- und Todesumstände des unbekannten Mannes konstruierte der Autor Felix Randau einen klassischen Western um Schuld, Sühne, Rache und das nackte Überleben, der auf der Piazza Grande von Locarno seine Uraufführung erlebte. Auf filmgeschichtliche Vorbilder oder Mythen konnte der Filmemacher nicht zurückgreifen, Annauds AM ANFANG WAR DAS FEUER ist historisch wesentlich früher angesiedelt. Die Jungsteinzeit der europäischen Geschichte wurde im Film bislang sträflich vernachlässigt.
Der Film nimmt den Zuschauer mit seiner geradlinig erzählten Geschichte mit in eine archaische Welt. Ötzi lebt mit seiner Familie in einer kleinen Gemeinschaft, die jäh zerstört wird, als eine Gruppe von Männern das Dorf überfällt. Sie morden, brandschatzen und rauben ein geheimnisvolles Kästchen, das offenbar einen rituellen Wert hat. Bei der Schilderung der Kulte hätte man sich ein wenig mehr Phantasie gewünscht, sie erinnern sehr an christliche Rituale.
Nur Ötzi und sein Baby überleben. Mit einer Ziege im Schlepptau, die dem Baby Milch gibt, macht sich Ötzi auf die Verfolgung der drei Männer. Die Hatz führt ihn durch die wild-romantische Landschaft der Alpen rund um den Fundort der Leiche. Er ist Wind, Wetter und Schneestürmen hilflos ausgesetzt. Jürgen Vogel trägt schwer an Ötzis Schicksal, mit schwerem Gang erklimmt er die Höhen der Berge. Der Schauspieler trägt den Film meisterhaft über alle Klippen.
Das Baby lässt er bei einem friedvollen Alten und seiner Tochter. Immer wieder kommt es zu kleinen, überaus blutigen Gemetzeln, die schmerzhafte Wunden verursachen, wie sie bislang nur im Survival-Abenteuer THE REVERANT – DER RÜCKKEHRER mit solcher Detailverliebtheit zu sehen waren, um schließlich zum finalen Showdown zu kommen. Ötzi ist kein Happy End vergönnt, in seinem Rücken war das Einschussloch eines Pfeils unübersehbar. Die Verletzung wurde von den Wissenschaftlern als wahrscheinliche Todesursache ausgemacht. Er starb und stirbt auch im Film im ewigen Eis.
Gesprochen wird kaum, für die wenigen Dialoge erfand Randau eine eigene Sprache, die auf rätischen Dialekten fußt und nicht untertitelt wird. Das ist auch nicht notwendig, um der Handlung zu folgen. Andererseits beraubt sich der Film damit der Möglichkeit, dem Weltbild des Menschen näher zu kommen. Diese Leerstelle zu füllen, überlässt der Film vollkommen dem Zuschauer.
Die detailverliebte Ausstattung orientiert sich an den Überlieferungen der Ära, doch nach Ansicht der Jury fehlt es Kostümen, Ausrüstung oder Gebrauchsgegenständen an Patina und Authentizität. Sie wirken fast ein wenig zu perfekt und ungebraucht.
Der Film bietet eine sehenswerte und überzeugende Spekulation um die letzten Tage Ötzis, so oder auch ganz anders könnte es gewesen sein. Randau inszenierte mit DER MANN AUS DEM EIS einen modernen Abenteuerfilm, der die bekannten Mythen des amerikanischen Wilden Westens und den ihnen zu Grunde liegenden Moralvorstellungen in die Alpen verlegt.