Der Geburtstag

Kinostart: 25.06.20
VÖ-Datum: 22.01.21
2019
Filmplakat: Der Geburtstag

FBW-Pressetext

In DER GEBURTSTAG erzählt Regisseur Carlos A. Morelli in einem spannenden Genre-Mix aus Familiendrama und Film Noir von Matthias, der zusammen mit seiner Frau, von der er getrennt lebt, den Geburtstag seines Sohnes feiern möchte.

Anna und Matthias leben getrennt. Doch für ihren gemeinsamen Sohn Lukas wollen sich beide zusammenreißen und ihm eine schöne Geburtstagsfeier ausrichten. Aber irgendwie geht alles schief. Das Wetter spielt nicht mit, Anna ist schlecht drauf und Matthias hat eigentlich gar keine Zeit, weil ihn eine Deadline für ein Projekt unter Druck setzt und seine Freundin ihn bei der Premiere ihres Theaterstücks erwartet. Als dann auch noch Julius, einer der eingeladenen Jungs, von seinen Eltern abends nicht abgeholt wird, ist Matthias kurz vorm Durchdrehen. Wild entschlossen, alles doch noch unter einen Hut zu bekommen, fährt Matthias Julius nach Hause. Und er beginnt durch die gemeinsame Zeit mit einem fremden Kind zu erkennen, wie sehr er sein eigenes Kind vermisst. In DER GEBURTSTAG erzählt Regisseur Carlos A. Morelli eine Geschichte von Familie und vom Vatersein. Passend zur Zeitlosigkeit der Geschichte wählt Morelli eine Schwarz-Weiß-Optik, was der ganzen Szenerie etwas Irreales und Mysteriöses verleiht. Wie in einem klassischen Film Noir legt sich von Beginn an eine Art Unheilsschwere auf die Situation, die aber von den leichtfüßigen Dialogen immer wieder aufgefangen wird. Der Cast wirkt großartig aufeinander abgespielt, die Kinderdarsteller spielen trotz ihres jungen Alters sehr intensiv, ebenso Anne-Ratte Polle als Mutter im Zwiespalt. Und Mark Waschke trägt auf überzeugende Art und Weise den zentralen Konflikt der Geschichte als Vater, der erst noch lernen muss, auch wirklich Vater zu sein. Zusammen mit einem klug konzipierten Kamerakonzept, einem liebevoll in Szene gesetzten Setting und einem stimmungsvollen Jazz-Score erschafft Carlos A. Morelli eine atmosphärisch dichte filmische Welt, irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Nacht und Tag, zwischen Film Noir und Familiendrama.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Carlos A. Morelli
Darsteller:Mark Waschke; Anne Ratte-Polle; Kasimir Brause; Finnlay Berger; Anna Brüggemann; Knut Berger; Mélanie Fouché
Drehbuch:Carlos A. Morelli
Kamera:Friede Clausz
Schnitt:Lorna Hoefler Steffen; Hannah Schwegel
Musik:Florian Sievers
Länge:79 Minuten
Kinostart:25.06.2020
VÖ-Datum:22.01.2021
Verleih:W-film
Produktion: Weydemann Bros. GmbH, ZDF;
Förderer:Nordmedia; DFFF; MDM; KJDF

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Carlos A. Morellis zweiter Spielfilm DER GEBURTSTAG stellt in vielerlei Hinsicht eine ungewöhnliche Arbeit dar, die sich absolut wohltuend vom konventionellen Familiendrama abhebt. Im Zentrum des Films steht die Suche eines Vaters nach seiner Rolle im Leben, die ihm nach seiner Trennung irgendwo zwischen zerbrochener Familie und nicht enden wollender Arbeit verloren ging. Der Film behandelt damit einen sehr zeitgemäßen Topos, nämlich die Definition der Beziehung zwischen Vater und Sohn in einer komplexen Gesellschaft, in der alle immerzu zahllosen Verpflichtungen nachkommen müssen und in der jeder versucht, eine Antwort auf die Frage zu finden: Was im Leben ist mir wirklich wichtig?
Was Morellis Ansatz, diese Geschichte zu erzählen, so spannend macht, ist u.a. die Abstraktionsebene, mit der er das Thema angeht. Morelli erzählt nicht konventionell, sondern bedient sich einiger Elemente des Film Noir sowie Verfremdungstechniken, die eher einer klassischen (Alb-)Traum-Dramaturgie entstammen. Bezogen darauf etwa fällt die Entscheidung, den Film in Schwarzweiß zu drehen, nicht nur als mutig, weil ungewöhnlich aus, sondern als klug und absolut stimmig. Denn nicht allein dadurch ergeben sich fantastische Bilder im Low-Key-Stil, die insbesondere die alptraumhafte Film-Noir-Sequenz in der Mitte des Films tragen. Vielmehr unterstützt das Schwarzweiß auf der Bedeutungsebene eine gewisse Unsicherheit der Erzählebene gegenüber. Nicht nur der von Mark Waschke gespielte Vater selbst, sondern auch die Zuschauer*innen können nie hundertprozentig sicher sein, ob sich das Gesehene wirklich real oder vielleicht doch auf einer allegorischen Ebene abspielt. Dazu passen auch Kostüm und Ausstattung, die ebenfalls leichte Irritationen auslösen, die wunderbaren Locations in Halle, die uns zuweilen ins Wien aus DER DRITTE MANN versetzen, sowie der Oldtimer des Vaters, dessen Innenraum inszeniert ist, als sei er dem Hier und Jetzt vorübergehend entrückt.

All dies sind Zeugnisse einer starken inszenatorischen Leistung sowie eines Drehbuchs, das angesichts des Eigenwilligen nie die Glaubwürdigkeit einbüßt. Waschke spielt die Vaterfigur mit Tiefe und Ausstrahlung und harmoniert gut mit Anne Ratte-Polle sowie den beiden Kinderschauspielern. Einen wunderbaren Kontrapunkt zur schweren Noir-Atmosphäre des Films setzt der äußerst beschwingte Trompetenjazz, der nicht nur für Entspannung sorgt, sondern auf der Audiospur auch eine augenzwinkernde Entsprechung findet für die filmumspannende Sehnsucht des Sohnes: der mit dem Vater gemeinsame Besuch des Elefantengeheges.