Der Angriff der leichten Brigade

Filmplakat: Der Angriff der leichten Brigade

Jurybegründung

Der Antragssteller hätte gut daran getan, in seinen Hinweisen auf die Authentizität des zweiten Teils und der darin geschilderten Schlacht vor Balaklawa namentlich die historischen Forschungsarbeiten aufzuführen, die beweisen sollen, dass der Film die innere und äußere historische Wahrheit auch im Detail wiedergebe. Der Ausschuß hat sich vergewissert, dass das allgemeinste Historische, nämlich die verlorene Schlacht von Balaklawa und insbesondere auch die Ursache des Todesritts von Balaklawa , nämlich der falsch verstandenen Befehl, der historischen Wahrheit entspricht. Der Ausschuß nimmt aber an, dass der ganze Film, vorallem nach der Anlage des ersten Teils, eine freie Schöpfung des Regisseures Tony Richardson ist, da wir es mit einer von Leidenschaft und gelegentlich satirischen Überspitzung nicht freier Bereinigung des britischen Geschichtsbildes zu tun haben. Da bekannt ist, dass in Großbritannien derzeit so etwas wie eine weitausgreifende Welle der polemischen Auseinandersetzung mit der viktorianischen Ära herrscht, kann der Film als ein Teil dieser geistigen Bewegung im gegenwärtigen England verstanden werden. Die Fragen, die der Ausschuß zu beantworten hatte, betrifft die Realität der filmischen Realisation. Der Film erinnert in manchen äußeren Zügen an TOM JONES, ist aber im Zugriff auf die Geschichte weit entschiedener. Der Leidenschaft dieser Aueinandersetzung, die unter anderem auch im Generationenkonflikt sichtbar gemacht wird, entspricht dasTempo der Darstellung, entspricht die Montage und entspricht der dramaturgische Aufbau. Der Film hat offensichtlich den Ehrgeiz, die gesellschaftlichen Verhältnisse der frühviktorianischen Zeit breit darzustellen, d. h. in der Oberschicht und im Volk. Er findet dabei, etwa in dem Motiv der Wellingtonstatue für die England nach 30 Jahren keinen Platz mehr findet, geschickte Bildsymbole. Richardson scheut vor grassen Demonstrationen der Härte und Grausamkeit des Drills und des sozialen Elends nicht zurück. Doch dürften diese Bilder, die filmisch mit viel Könnerschaft gefilmt und montiert sind, einem Grundzug britischem Wesens entsprechen. Diese Szenen werden künstlerisch durch teilweise brilliante gesellschaftliche Bilder ausbalanciert. Das Bild insgesamt zeigt eine gelegentlich rauchige Tonigkeit; die Kamera leistet sich Kühnheiten, die als Entdeckung gewertet werden können. Das Register der Darsteller ist hervorragend besetzt. Die gelegentlich bis zur Karikatur getriebenen Portraits vorallem der alten Generalität, bleiben dank der hervorragenden schauspielerischen Persönlichkeiten wie Trevor Howard und John Gielgud immer interessant. Es gibt auch eine Reihe interessanter weiblicher Portraits. Die Schlachtszenen treiben den grassen, harten und verletzenden Gegensatz der schönen Uniformen zu Blut, Wunden, Schmutz und Grausamkeit gelegentlich auf die Spitze. Doch ist das alles künstlerisch hinzunehmen, weil der Film von einer Dynamik erfüllt ist, die Steigerung bringt und einzelne Motive des Grauens nicht isoliert anbietet. Der Ausschuß kann den Sätzen des Antragstellers nicht folgen, dass es sich um einen quasi pazifistischen oder beinahe pazifistischen Film handle. Es handelt sich vielmehr, wie im Film deutlich zu erkennen ist, um kriegerischeEhre gegen die zögernde und schwache Führung in den Händen älterer Generale neu zu beleben versucht.



Der Ausschuß hält die graphischen Teile, die im Stile zeitgenössischer Karikaturen entwickelt und animiert sind, nicht nur für ein zeitgeschichtliches, dokumentarisches Element der Illustration, sonder dramaturgisch für ein Mittel, das übersteigerte Tempo einzufangen und dem Betrachter Gelegenheit zur Reflexion zu geben. Gleichzeitig sind die eingefügten graphischen Teile dramaturgische Mittel zur Umschaltung auf neue Schauplätze oder Ersatz für Atelier- oder Studiobauten.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Kriegsfilm
Regie:Tony Richardson
Darsteller:Trevor Howard; Vanessa Redgrave; Sir John Gielgud
Drehbuch:Charles Wood
Kamera:David Watkin
Musik:John Addison
Länge:121 Minuten
Verleih:United Artists

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Der Antragssteller hätte gut daran getan, in seinen Hinweisen auf die Authentizität des zweiten Teils und der darin geschilderten Schlacht vor Balaklawa namentlich die historischen Forschungsarbeiten aufzuführen, die beweisen sollen, dass der Film die innere und äußere historische Wahrheit auch im Detail wiedergebe. Der Ausschuß hat sich vergewissert, dass das allgemeinste Historische, nämlich die verlorene Schlacht von Balaklawa und insbesondere auch die Ursache des Todesritts von Balaklawa , nämlich der falsch verstandenen Befehl, der historischen Wahrheit entspricht. Der Ausschuß nimmt aber an, dass der ganze Film, vorallem nach der Anlage des ersten Teils, eine freie Schöpfung des Regisseures Tony Richardson ist, da wir es mit einer von Leidenschaft und gelegentlich satirischen Überspitzung nicht freier Bereinigung des britischen Geschichtsbildes zu tun haben. Da bekannt ist, dass in Großbritannien derzeit so etwas wie eine weitausgreifende Welle der polemischen Auseinandersetzung mit der viktorianischen Ära herrscht, kann der Film als ein Teil dieser geistigen Bewegung im gegenwärtigen England verstanden werden. Die Fragen, die der Ausschuß zu beantworten hatte, betrifft die Realität der filmischen Realisation. Der Film erinnert in manchen äußeren Zügen an TOM JONES, ist aber im Zugriff auf die Geschichte weit entschiedener. Der Leidenschaft dieser Aueinandersetzung, die unter anderem auch im Generationenkonflikt sichtbar gemacht wird, entspricht dasTempo der Darstellung, entspricht die Montage und entspricht der dramaturgische Aufbau. Der Film hat offensichtlich den Ehrgeiz, die gesellschaftlichen Verhältnisse der frühviktorianischen Zeit breit darzustellen, d. h. in der Oberschicht und im Volk. Er findet dabei, etwa in dem Motiv der Wellingtonstatue für die England nach 30 Jahren keinen Platz mehr findet, geschickte Bildsymbole. Richardson scheut vor grassen Demonstrationen der Härte und Grausamkeit des Drills und des sozialen Elends nicht zurück. Doch dürften diese Bilder, die filmisch mit viel Könnerschaft gefilmt und montiert sind, einem Grundzug britischem Wesens entsprechen. Diese Szenen werden künstlerisch durch teilweise brilliante gesellschaftliche Bilder ausbalanciert. Das Bild insgesamt zeigt eine gelegentlich rauchige Tonigkeit; die Kamera leistet sich Kühnheiten, die als Entdeckung gewertet werden können. Das Register der Darsteller ist hervorragend besetzt. Die gelegentlich bis zur Karikatur getriebenen Portraits vorallem der alten Generalität, bleiben dank der hervorragenden schauspielerischen Persönlichkeiten wie Trevor Howard und John Gielgud immer interessant. Es gibt auch eine Reihe interessanter weiblicher Portraits. Die Schlachtszenen treiben den grassen, harten und verletzenden Gegensatz der schönen Uniformen zu Blut, Wunden, Schmutz und Grausamkeit gelegentlich auf die Spitze. Doch ist das alles künstlerisch hinzunehmen, weil der Film von einer Dynamik erfüllt ist, die Steigerung bringt und einzelne Motive des Grauens nicht isoliert anbietet. Der Ausschuß kann den Sätzen des Antragstellers nicht folgen, dass es sich um einen quasi pazifistischen oder beinahe pazifistischen Film handle. Es handelt sich vielmehr, wie im Film deutlich zu erkennen ist, um kriegerischeEhre gegen die zögernde und schwache Führung in den Händen älterer Generale neu zu beleben versucht.

Der Ausschuß hält die graphischen Teile, die im Stile zeitgenössischer Karikaturen entwickelt und animiert sind, nicht nur für ein zeitgeschichtliches, dokumentarisches Element der Illustration, sonder dramaturgisch für ein Mittel, das übersteigerte Tempo einzufangen und dem Betrachter Gelegenheit zur Reflexion zu geben. Gleichzeitig sind die eingefügten graphischen Teile dramaturgische Mittel zur Umschaltung auf neue Schauplätze oder Ersatz für Atelier- oder Studiobauten.