Filmplakat: Das Wildschwein

FBW-Pressetext

In der Großstadt geht es laut, wild und aggressiv zu. Das Kind hat sich angepasst, weiß, wie es unsichtbar in der Masse verschwinden kann, weiß, wie es überleben kann. Doch eines Tages sieht es am Horizont die grünen Baumspitzen eines Waldes und entdeckt diese neue Welt. Ganz still ist es hier, friedlich und luftig. Das Kind entspannt sich, denn hier kann es Kind sein. Doch auch in der Natur lauern Gefahren. Nach einer angsterfüllten Nacht, läuft das Kind tiefer in den Wald. Ganz plötzlich, steht etwas vor ihm. Laut, wild und aggressiv. Das Kind fühlt sich bedroht. Aber es fühlt auch, dass es in einen Spiegel blickt. Ganz ohne Dialoge kommt der 13minütige Animationsfilm von Bella Szederkényi aus. Dennoch gelingt es ihr, die eindrucksvolle und berührende Geschichte eines einsamen Kindes zu erzählen, das völlig verwildert in der Großstadt umherstreift und erst in der Wildnis zu sich selbst findet. Die Bildausschnitte und Perspektiven sind geschickt und reizvoll gewählt und verleihen der Geschichte einen ganz eigenen Zauber. Die eigens komponierte Musik erschafft eine verträumte Atmosphäre und öffnet dem Betrachter besonders sinnliche Räume. Mit DAS WILDSCHWEIN ist Bella Szederkenyi ein perfekt auf den Punkt inszenierter Animationsfilm gelungen, der immer wieder Neues entdecken lässt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Bella Szederkényi
Drehbuch:Bella Szederkényi
Schnitt:David Hartmann
Musik:Fabrizio Tentoni
Länge:13 Minuten
Verleih:interfilm Berlin Short Film Sales & Distribution
Produktion: Kabinett Filmproduktion GmbH
Förderer:BKM; MBB; CNC; Robert Bosch Stiftung

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.

Wenn das Kind, dessen Geschichte hier erzählt wird, zum ersten Mal zu sehen ist, dann scheint es durch die Perspektive winzig im Gegensatz zu der Stadtlandschaft, in die es wie hineingeworfen wirkt. Auch der Hund, der es bedrohlich anbellt, ist im Vergleich riesig – und man ist versucht, diese Diskrepanz in den Proportionen als eine technische Unzulänglichkeit anzusehen. Doch spätestens bei einer Stadtansicht von oben, bei der ein riesiger Baumstamm auf einem Fluss von der Strömung unter einer Brücke hindurch getrieben wird, ist deutlich zu erkennen, dass solche Irritationen Stilmittel von Bella Szederkényi sind. Dazu gehört auch, dass sie erst spät im Laufe des Films deutlich macht, welches Geschlecht das Straßenkind hat. Für dieses ist die Stadt ein bedrohlicher und völlig fremder Ort, den es wie ein Wolfskind, das noch nie unter Menschen gelebt hat, erlebt. Entsprechend düster, kantig und unwirtlich sind diese Stadtlandschaften auch gestaltet. Umso größer ist der Kontrast zum Wald, in den das Kind flieht und der vorwiegend in Grüntönen und mit organischen runden Linien gezeichnet ist. Hier erlebt das Kind eine Art Neugeburt, wenn es seine Kapuzenjacke, in die es sich wie in eine Rüstung eingehüllt hatte, ablegt und nackt im Wasser badet. Dann lernt es den Tod (das Ass auf dem Waldboden) und Gewalt kennen. Und bei der Begegnung mit einem riesigen Wildschwein erkennt es, wie mächtig und gefährlich die Zivilisation ist, denn Jäger schießen auf das riesige Tier und fahren dann mit dem Kind zurück in die Stadt. Mit einer zögernden Handbewegung zeigt dieses dann zum ersten Mal seine Verbundenheit mit einem anderen Lebewesen. Die Jury überzeugte der poetische, zum Teil nicht einfach zu enträtselnde Stil dieser Animation. Szederkényi gelingt es, intensive Stimmungen zu erzeugen. Dazu trägt auch das geschickt gesetzte Sounddesign bei. Hier wird in der Form einer Parabel von einer Identitätsfindung erzählt und Szederkényi hat dafür eine originelle, auf allen Ebenen stimmige Form gefunden, die die Vergabe des Prädikats „besonders wertvoll“ rechtfertigt.