Das weiße Band

Kinostart: 15.10.09
2009
Filmplakat: Das weiße Band

FBW-Pressetext

Regisseur Michael Haneke entzieht sich mit seinem vielfach ausgezeichneten Werk erneut den einfachen Kategorisierungen und liefert eine Erzählung zwischen moderner Kriminalgeschichte und historischem Sittengemälde. In einem norddeutschen Dorf, kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges, geschehen mysteriöse Übergriffe, die alle als Symptome eines dichten Systems aus Autorität, Unterdrückung, Böswilligkeit und Neid erscheinen. Mit einer überwältigenden Ästhetik der schwarzweißen Bildsprache und einer authentischen Rekonstruktion des Milieus vereint Haneke meisterhaft die Elemente der Filmkunst zu einem grandiosen und anspruchsvollen Opus. Unübertrefflich!

Filminfos

Gattung:Drama
Regie:Michael Haneke
Darsteller:Josef Bierbichler; Burghart Klaußner; Susanne Lothar; Rainer Bock; Leonie Benesch; u. a.
Drehbuch:Michael Haneke
Kamera:Christian Berger
Schnitt:Monika Willi
Länge:144 Minuten
Kinostart:15.10.2009
Verleih:X Verleih
Produktion: Wega-Film Produktionsges. mbH, X Filme Creative Pool; Les Films du Losange; BR; Degeto Film; Lucky Red;
FSK:12
Bildungseinsatz:matthias-film.de;
Förderer:FFA; MBB; DFFF; MDM; FilmFonds Wien

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Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein Sittengemälde aus dem protestantischen Norddeutschland des frühen 20. Jahrhunderts wird hier in einer meisterhaften Komplexität an Stimmungen, Konflikten und Details ausgebreitet. Ein Dorf wird seziert: man sieht, wie es bei dem Baron und dem Tagelöhner zuhause zugeht, wie vor hundert Jahren die Menschen verschiedener Schichten unter- und miteinander verkehrt sind, wie Eltern ihre Kindern erzogen, wie gearbeitet, gefeiert und geherrscht wurde. All das wirkt so authentisch, dass man die sorgfältige Recherche, auf der es fußen muss, nur bewundern kann.

Aber von Beginn an herrscht in DAS WEISSE BAND auch ein bedrohlicher Unterton. Nicht nur weil die Erzählung mit einem hinterhältigen Anschlag auf den Arzt des Dorfes beginnt, sondern auch weil die wunderbare Erzählstimme von Ernst Jacobi weitere beunruhigende Geschehnisse prophezeit und weil die Schwarzweißfotografie eine bedrohlich, klaustrophobische Atmosphäre schafft. Dies ist eine kleine Welt, deren Bewohner in „Böswilligkeit, Neid, Stumpfsinn und Brutalität“ miteinander leben. So sagt es gegen Ende des Films mit der Baronin eine Außenseiterin, aber man spürt es schon in einer der ersten Einstellungen, wenn die Kinder in einer merkwürdigen Art von Prozession von der Schule durch das Dorf ziehen.

Mit solchen Stimmungen ist der Film wunderbar komponiert, und zudem hat er eine erstaunliche Erzähldichte. In jeder Szene passiert etwas Entscheidendes, und der Zuschauer wird durch den Krimiplot („Wer ist der mysteriöse Missetäter?“) ständig in Spannung gehalten. Aber Haneke will auch an diesem Exempel zeigen, aus welchen Zuständen jene Generationen von Deutschen erwuchsen, die das Jahrhundert mit zwei Weltkriegen und einem Terrorregime traumatisierten.

Alle Kinder werden extrem repressiv erzogen, und es herrscht eine rigide, freudlose Geisteshaltung. Nur dem Dorflehrer, der als Erzähler eher beobachtet als handelt, wird durch die zärtlich, zögerliche Romanze mit dem Kindermädchen Eva ein marginaler Wärmestrom gegönnt. Ansonsten herrscht bittere Kälte in den Beziehungen zwischen diesen Menschen, so dass zwangsläufig die Opfer zu Tätern aufwachsen.