Das Projekt

Filmplakat: Das Projekt

FBW-Pressetext

Es hätte ein Film über Pferde werden können. Und die majestätische Schönheit der Architektur. Und die bewundernswerten Eigenschaften des Protagonisten. Doch nach über 100 Stunden gefilmtem Material, unzähligen Reisen nach England und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird Daniel Gräbner ein letztes Mal von seinem Auftraggeber, einem Scheich, kontaktiert. Der Film, den dieser in Auftrag gegeben hat, kann nicht fertiggestellt werden. Es gibt kein Geld. Gräbner sitzt auf Rechnungen, die er nicht begleichen kann. Und seinem Material. Welches er nicht ungenutzt lassen will. Und so entsteht DAS PROJEKT. Gräbner selbst erzählt ganz offen – ohne aber einen Namen zu nennen - von seinem Auftrag, von seinem Aufwand und von seinem Scheitern. Die Bilder, die er dabei montiert, wirken wie zweckentfremdet und zunächst scheinen sie nicht zum Kommentar zu passen. Doch je mehr Gräbner über sein Projekt reflektiert, desto mehr erlaubt die Montage einen Kommentar und Kontext zugleich. Denn die Glitzerwelt der Reichen und Schönen passt so gar nicht zu den Realitäten, die Gräbner vor Ort vorfindet. Und so ist DAS PROJEKT nicht nur ein Film über einen Film, der nie entstanden ist. Es ist auch ein Film über das Filmemachen an sich. Und ein Film, der mehr über den Auftraggeber und sein Land erzählt, als es der eigentlich geplante Film je gekonnt hätte. Ein beeindruckendes Projekt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Daniel Gräbner
Drehbuch:Daniel Gräbner
Kamera:Stefan Grandinetti
Schnitt:Daniel Gräbner
Musik:Stefan Döring
Länge:15 Minuten
Produktion: Daniel Gräbner Filmproduktion

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Leidvolle Erfahrungen mit den Geschäftspraktiken der Vereinigten Arabischen Emirate hat Filmemacher Daniel Gräbner machen müssen, als er vor einigen Jahren eine Auftragsarbeit über das Poloteam von Dubai angenommen hat. Einerseits locken die Vereinigten Arabischen Emirate Investoren aus allen Ländern, andererseits gilt das Land als eines der schwierigsten Handelspartner, denn hier regiert Geld wie vermutlich nirgendwo anders die Welt.

Gräbners Kurzfilm beginnt mit dem Landeanflug auf Dubai. Während die Stadt in Reiseprospektbildern aus der Vogelperspektive zu erkennen ist, erklärt eine Off-Stimme stadtplanerische Details. Von Geld erzählt sie, von viel Geld, von großen Projekten und auch von Siedlungen auf künstlichen Inseln, die allmählich wieder im Wasser versinken werden. Es folgen Fakten zu Stadt und Land, viele Informationen, Details über das ungleiche Zusammenleben von Einheimischen und Ausländern, von Reichtum und Armut, die von hervorragenden HD-Bildern ergänzt werden.

Stimmfarblich ein wenig unpassend klingt der Sprecher dabei, beinahe märchenonkelhaft erzählt er, auch dann noch, als der Film kritischere Töne anschlägt. Der Jury ist es zunächst nicht leicht gefallen, HD-Bilder, Fakten und Stimme überein zu bekommen. Gräbner berichtet von Persönlichem, er spricht von seiner Auftragsarbeit, dem Film über die Polomannschaft von Dubai, den er nicht vollenden konnte und auch von den Arbeitsverhältnissen der einfachen Arbeiter in dieser Stadt der Superreichen.

In der Diskussion zeigte sich die Jury überrascht von der Einfachheit, mit der DAS PROJEKT profunde Informationen über ein umstrittenes Land vermitteln kann. Gräbner hat einen sehr intimen Film über die Perspektive des Arbeitens in Dubai gemacht. Dafür bedient er sich zunehmend auch des Materials aus seinem Poloteam-Film. Er versieht es dazu mit einem Off-Kommentar und gibt ihm damit eine neue Konnotation. Diese Nähkästchenplauderei schafft nicht nur vertrauliche Nähe, sondern erklärt letztlich auch die Beweggründe zur Entstehung von DAS PROJEKT. Wie viele andere Arbeiter und Firmen zuvor ist Gräbner offenbar der Finanzkraft des Landes erlegen. Er hat Vorsichtsmaßnahmen außer Acht gelassen und dem Auftraggeber seines Auftragswerks blindes Vertrauen geschenkt. Als nach einem stattlichen Vorschuss weitere Zahlungen ausbleiben, erkennt er die proto-kapitalistischen Züge, die das Leben im Land kennzeichnen und Arbeiter genauso effizient anziehen, wie täuschen und ihrer Rechte berauben.

Gräbners erstes Zusammentreffen mit der kapitalistischen Haltung des Landes ist sicherlich von großer Naivität gekennzeichnet. Die Jury hat sich daher gefragt, ob die erzählende Haltung von DAS PROJEKT ebenfalls noch auf dieser Naivität und einer daraus entstandenen Enttäuschung beruht, oder ob sich Gräbner für DAS PROJEKT einer wirklich guten Dramatisierung bedient, einer Dramatisierung, die seine Zuschauer die Opferrolle Gräbners erkennen lassen soll. Auch in einer ausgiebigen Diskussion konnte die Jury die Frage nicht beantworten. Allerdings verständigte sie sich darauf, dass das Ergebnis in vielen kleinen Details die Doppelmoral des Landes verblüffend einfach bloßzustellen weiß und allein das ist schon eine großartige Leistung.