Cuckoo

Kinostart: 29.08.24
2024
Filmplakat: Cuckoo

FBW-Pressetext

Hunter Schafer begeistert in diesem Film von Tilman Singer, in dem sich Thriller, Horror und Coming-of-Age zu einer einzigartigen Mischung verbinden. Ein großartiger Beweis für mutiges, junges deutsches Genrekino.

Ein Hotel in den Alpen, ein schmieriger Hoteldirektor, zu viele hohe Tannen, zu sehr tote Hose: Gretchen bedauert es direkt nach ihrer Ankunft, dass sie aus Amerika hierher gezogen ist, um nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater und seiner neuen Familie an deren neuer Arbeitsstelle zu leben. Es dauert nicht lange, da stellt sich Gretchen Fragen: Warum zum Beispiel zeigt der Hotelbesitzer Herr König so ein Interesse an Alma, Grechens kleiner stummer Halbschwester? Und warum benimmt sich Alma, die schon in der Vergangenheit an epileptischen Anfällen litt, noch merkwürdiger als sonst? Am liebsten würde sich Gretchen vor allem, was hier vor sich geht, verschließen, auch weil die Trauer um ihre Mutter noch zu frisch ist. Doch schon bald wird ihr klar: Verstecken ist nicht. Sie muss kämpfen. Für sich. Und für Alma.

Mit seinem zweiten Kinofilm beweist Regisseur Tilman Singer (auch Drehbuch), dass er die Genrevorgaben aus Thriller und Horror nicht nur kennt, sondern mit ihnen auch spielerisch umgehen kann. Nicht alle Fragen werden geklärt, doch die mit Spannung und vielen Verrätselungen gespickte Geschichte wird mit so viel Mut zu klaren Schock- und Thrilleffekten sowie Verweisen auf filmische Vorbilder inszeniert, dass es gerade für Fans eine wahre Freude ist, hier die popkulturellen Bezüge zu erkennen. Dabei ist CUCKOO kein Abklatsch anderer Filme. Singer schafft eine eigenständige faszinierende Geschichte, in der sich der effektreiche, langsam die Leinwand entlangschlängelnde Horror mit der psychologischen Tiefe einer Coming-of-Age-Geschichte verbindet. Vor allem dank der sensationellen Hauptdarstellerin Hunter Schafer, die Gretchen als eine charismatische Heldin ihrer Generation anlegt, ohne überdramatisierendes Tamtam klarkommt und trotz aller hemdsärmeliger Pragmatik auch stille Momente glaubhaft verkörpert. Das kongeniale Sound-Design (Musik: Simon Waskow), die großartige Kamera von Paul Faltz und die Montage von Philipp Thomas und Terel Gibson tun ihr Übriges, um CUCKOO als Ausnahmefilm hervorstechen zu lassen. Ein ganz großer Gewinn im deutschen Genrekino.

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Es gibt kaum ein anderes Genre, das so oft neue Entwicklungsschübe bekommt wie der Horrorfilm. Angstlust und Fantastik regen offenbar die Kreativität in besonderer Weise an.
Dies gilt auch für die deutsch-amerikanische Koproduktion CUCKOO. Angesiedelt in einem Ferienressort in den Alpen, entspinnt sich die Handlung zu einem absurden Horrortrip, in dem es um Laborversuche an Menschen geht.

Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Gretchen, die es aus den USA an diesen abgelegenen Ort verschlägt, weil ihr Vater einen neuen Job bekommen hat. Den Tod ihrer Mutter hat sie noch nicht überwunden, ihr Vater scheinbar schon, er hat eine neue Partnerin, die ihrerseits eine Tochter hat, die stumm ist. An dieser Stelle kann man nun die Frage stellen, was es mit dem Titel auf sich hat. Man sieht im Film zwar den titelgebenden Vogel und dieser kommt auch aus einer Uhr und ruft "Kuckuck!". Doch es steckt mehr dahinter, denn der Kuckuck ist ja bekannt dafür, dass er seine Eier in fremden Nestern unterbringt und das ist in der Familie von Gretchen passiert. Das kann, muss man nicht so deuten, es macht aber Spaß, genauso wie der Film mit seinen zahlreichen Wendungen und einem mysteriösen Experiment, das den abgelegenen Ort der Alpen in ähnlicher Weise verwendet wie die Serie LOST eine abgelegene Insel.

Tilman Singer und sein Team spielen gekonnt auf der Klaviatur des Genres und bedienen souverän die Erwartungen des Publikums. Schockmomente werden zwar sparsam, aber dafür mit höchstem Wirkungsgrad eingesetzt, wahnsinnige Mörder*innen-Figuren in groteskem Outfit lassen uns immer wieder erzittern und schmunzeln zugleich. Dazu halten uns mysteriöse Erscheinungen bei der Stange des Mit-Rätselns und überraschende Wendungen locken uns regelmäßig amüsierte Aha-Erlebnisse hervor. Kamera- und Montage sind auf der Höhe der Zeit. Einige Effekte und Elemente der Ausstattung sind betont trashig, was den Film mithin etwas inkohärent wirken lässt. Man kann diese Elemente auch als Hommage an den Giallo lesen, die in den 1970er Jahren populäre italienische Thriller- und Horrorfilmvariante.

Über das Genre hinaus gelingt es dem Film - getragen von einer Hauptdarstellerin, die eine sie vor allem körperlich immens fordernde Rolle zu spielen hat - eine Coming-of-Age Geschichte zu erzählen. Das ist im Genre des Horrorfilms zwar nicht ungewöhnlich, doch wird das Erwachsenwerden und die damit einhergehende Familientragödie geschickt mit dem Horror und den rätselhaften Ereignissen um pseudo-wissenschaftliche Experimente verwoben. Alle diese Qualitäten haben die Jury davon überzeugt, dem Film das Prädikat besonders wertvoll zu verleihen.